Zweifel an Familienwappen – kann jemand helfen?

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tobias
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Zweifel an Familienwappen – kann jemand helfen?

Beitrag von tobias » 17.03.2017, 09:23

Liebe Forumsmitglieder,
in unserer Familie verweist man gerne auf folgendes Wappen.
Meine bisherigen Recherchen bzgl. unseres Namens und möglicher Wappen haben nichts ergeben.

Bild

Stattdessen habe ich ein Wappen eines "Balogh XXIII. v. Kiskér", Adelsgeschlecht aus dem Zempliner Comitate / Ost-Ungarn, gefunden. Und das sieht für mich aus, als wäre es die "Vorlage" für unseres gewesen.

Bild

Würde mich freuen, wenn mir hier jemand weiterhelfen könnte.
Herzlichen Dank,
Tobias

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Jochen
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Re: Zweifel an Familienwappen – kann jemand helfen?

Beitrag von Jochen » 17.03.2017, 09:52

Der Text unter der Abbildung zeigt in der Tat eindeutig, daß hier eine Fälschung vorliegen sollte. Schon der Hinweis "einem hochangesehenen vornehmen Geschlecht" verrät alles.

Ich halte das ungarische Wappen aber nicht für die "Vorlage", da die Unterschiede zu groß sind.

Zudem sind Friedenstauben sehr häufige Wappeninhalte. So häufig, daß es ihnen gänzlich an Unterscheidungskraft mangelt.
Ne suy plus vil que les aultres

jochen

tobias
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Re: Zweifel an Familienwappen – kann jemand helfen?

Beitrag von tobias » 17.03.2017, 09:56

Vielen Dank, Jochen, für deine Antwort.
Siehst du noch weitere Hinweise für eine Fälschung?

Bzw. wieso verrät dieser Satz alles – würdest du mir das nochmal kurz erläutern?

Und, hast du eine Ahnung, wann/von wem dieses Wappen gezeichnet worden ist? Kennst du vergleichbare?

Danke,
Tobias

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Jochen
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Re: Zweifel an Familienwappen – kann jemand helfen?

Beitrag von Jochen » 17.03.2017, 10:11

Dieser Satz oder Abwandlungen davon wurden stereotyp verwendet.

Man muß sich immer vor Augen halten, daß derlei Fälscher die Stimmung im Kaiserreich "bedienten".

An Adel war schwer heranzukommen, aber ein Wappen war das zweitbeste, wenn man zur "guten Gesellschaft" gehören wollte. Zusätzliche Hinweise auf Qualitäten, die dem Adel zugeschrieben wurden, waren da sicher willkommen.
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tobias
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Re: Zweifel an Familienwappen – kann jemand helfen?

Beitrag von tobias » 17.03.2017, 10:24

Hallo Jochen,
nochmal vielen Dank für deine Antwort!

Allerdings möchte ich doch noch bitte weiterfragen:
1. Ordnest du die Enstehung unseres "Wappen" also in die Kaiserzeit – Jahrhundertwende bis Ende WK I ein?

2. Wie muss man sich das vorstellen: kam da ein "Heraldiker" in die Stadt und hat mit seiner "Forschung" und der Malerei gutes Geld verdient? Oder wie kam man an ein Wappen? Wussten die Auftraggeber (z.B. mein Urgroßvater) von der bewussten Fälschung oder waren sie voller Hoffnung, dass ihnen jemand den ersehnten Adel nachweist?

3. Hat unser Wappen doch irgendeinen Wahrheitsgehalt? Oder ist es kompletter Blödsinn?

Danke & schönen Gruß,
Tobias

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Jochen
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Re: Zweifel an Familienwappen – kann jemand helfen?

Beitrag von Jochen » 17.03.2017, 10:35

Hallo Tobias,

zu 1.: Ja, ungefähr. Es gibt ein Buch, "Der Wappenschwindel - seine Werkstätten und ihre Inhaber: Ein Blick in die heraldische Subkultur", in dem einige notorische Schwindler und ihre Arbeiten präsentiert werden. Ich habe im Augenblick keine Einsichtsmöglichkeit, aber schon die "Handschrift" allein sieht verräterisch aus.

zu 2.: Die Opfer wandten sich in der Regel an einen Ansprechpartner, der sich als Experte auswies. Meist suchte er nach ähnlich oder gleich klingenden Familiennamen in Wappensammlungen wie dem "Siebmacher" und kupferte ein "passendes" Wappen, das er fand, mehr oder weniger geschickt ab. Ich glaube, daß die Opfer immer arglos waren.

zu 3.: Es ist zweifellos ein Zeitdokument und hat als solches einen eigenen ideellen Wert. Geschichte, auch Familiengeschichte, hat nun einmal Licht- und Schattenseiten.

In einzelnen Fällen, wenn der Fälscher doch mal mit eigener Phantasie herangegangen sein sollte und ein eigenes Wappen für sein Opfer kreiert hätte, könnte man diesen Vorgang ggfs. einer Wappenneustiftung gleichsetzen.

Dies dürfte hier aber nicht der Fall sein, weil es sich bei der Friedenstaube um ein heraldisches "Versatzstück" handelt. Als "Euer" Wappen würde ich es daher nicht bezeichnen.
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Re: Zweifel an Familienwappen – kann jemand helfen?

Beitrag von tobias » 17.03.2017, 11:03

Danke, Jochen!

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Re: Zweifel an Familienwappen – kann jemand helfen?

Beitrag von Kleinschmid » 17.03.2017, 11:07

Bin ich der einzige mit Leseschwäche heute morgen? Wie heißt denn überhaupt der Familienname?
S r u t h ?
Davon gibt es laut Geogen 4.0 nur einen in ganz Deutschland - kann doch nicht sein, oder? Und wie heißt die Quellenangabe: "Siebm. ?? St. II" ??

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Gerd
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Re: Zweifel an Familienwappen – kann jemand helfen?

Beitrag von Gerd » 17.03.2017, 11:24

Im Text steht Fruth. Da wird das unter dem Wappen auch so heißen. Das ist etwas unglücklich geschrieben und sieht auf den ersten Blick für mich auch so aus wie ein S.

Bei der Quelle sieht es aus wie Siebm. Chr. d. St. II. Was immer das auch bedeuten soll. Ich spekuliere mal:
Siebmachers Chroniken der Stämme ?????
Mit besten Grüssen
Gerd
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Re: Zweifel an Familienwappen – kann jemand helfen?

Beitrag von Claus J.Billet » 17.03.2017, 11:32

In der Beschreibung glaube ich zu lesen "Fruth", gleich am Anfang :?:
Geamteindruck, wie schon Jochen schreibt, mehr als fragwürdig.
Logischerweise auch kein Eintrag gefunden. :roll:

tobias
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Re: Zweifel an Familienwappen – kann jemand helfen?

Beitrag von tobias » 17.03.2017, 11:36

Hallo an alle,
1. der Name ist: "FRUTH"
2. ich lese als Quellenangabe unten links: N.Siebm.Chr.dSt.II

Schönen Gruß,
Tobias

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Claus J.Billet
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Re: Zweifel an Familienwappen – kann jemand helfen?

Beitrag von Claus J.Billet » 17.03.2017, 12:13

tobias hat geschrieben:Hallo an alle,
1. der Name ist: "FRUTH"
2. ich lese als Quellenangabe unten links: N.Siebm.Chr.dSt.II

Schönen Gruß,
Tobias
Bedaure, weder im Siebmacher, noch in den Eintragungen "Neuen Folgen"
ist ein Wappen zur Schreibweise "Fruth" eingetragen.
Die in der "Zeichnung" genannten Angabe sind irreführend und nicht zutreffend.

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Re: Zweifel an Familienwappen – kann jemand helfen?

Beitrag von tobias » 17.03.2017, 12:17

Danke, Claus!

Vielleicht ist mein Gedanke abwegig, aber dennoch:
Der Mensch, der unser "Wappen" mal "erstellt" hat, hat doch sicher noch andere produziert...

Erkennt jemand unter euch seine "Handschrift"? Habt ihr schon mal welche gesehen, die aus der gleichen Feder stammen könnten?

Danke,
Tobias

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Claus J.Billet
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Re: Zweifel an Familienwappen – kann jemand helfen?

Beitrag von Claus J.Billet » 17.03.2017, 12:32

@ tobias

um hier evtl. mehr zu erfahren, empfiehlt sich die entsprechende Anfrage,
direkt an den "Herold, Berlin" zu richten.
http://www.herold-verein.de/index.php/de/
Der heraldische Verein besitzt eine umfangreiche Kartei
mit gesammelten Angaben über die bekannten Fälscher.

Joachim v. Roy
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Familienwappen Fruth

Beitrag von Joachim v. Roy » 17.03.2017, 12:49

Der „Generalindex“ des MÜNCHNER WAPPEN-HEROLDS - http://www.muenchner-wappen-herold.de/ - nennt 7 Wappen von Familien namens FRUTH, und zwar

FRUTH aus Puchheim, in: Lebendige Heraldik, Euristorica e.V., Bd. 1, München 1989, S. 386
FRUTH aus Germering, in: Lebendige Heraldik, Euristorica e.V., Bd. 1, München 1989, S. 387

FRUTH aus Germering, in: Verein Wappenlöwe München, Bände 2, 3 und 4

FRUTH aus Rengersricht, in: Wappenrolle des MÜNCHNER WAPPEN-HEROLDS
FRUTH aus Mühlhausen/Thüringen, in: Wappenrolle des MÜNCHNER WAPPENHEROLDS

MfG

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