Identifizierung Wappen 1 Thüringischer Adelsfam. auf Epitaph

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S. Meyer
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Identifizierung Wappen 1 Thüringischer Adelsfam. auf Epitaph

Beitrag von S. Meyer » 15.05.2013, 21:20

Hallo Zusammen,

vielleicht kann mir jemand bei der Identifizierung verschiedener Wappen, die auf einem Epitaph in der Sankt Ulrich Kirche in Sangerhausen abgebildet sind behilflich sein.

Herzlichen Dank im Voraus!
Sandro


Beschreibung am Epitaph:

Melchior von Morungen und Gemahlin Anna von Bendeleben
• Renaissance-Grabmal von 1583
• Melchior von Morungen gehörte der Sangerhausen-Obersdorfer Linie an
• 1538 geboren, am 22. Dezember 1596 gestorben
• mit Rüstung abgebildet
• Anna von Bendeleben aus Kannawurf am 09. Januar 1612 gestorben
• in Witwentracht abgebildet
• beide sind in der Ulrichkirche begraben
an den Säulen 16 Wappen Thüringischer Adelsfamilien
• im Hintergrund Illustration des Bibelspruches "Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht"
• Grabmal aus Sandstein

Foto vom Epitaph:
http://www.goldeneaue.net/images/Recher ... ithaph.JPG

Wappen 1, DVE:
Bild
Zuletzt geändert von S. Meyer am 16.05.2013, 16:23, insgesamt 1-mal geändert.

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Simplicius
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Beitrag von Simplicius » 16.05.2013, 13:08

S. Meyer hat geschrieben:Wappen 2, DVM:
Bild
Hallo S. Meyer, habe das zweite Wappen hierher kopiert, damit alles in einem Faden erscheint, der andere könnte dann eigentlich weg …

Die Daten, die Sie dem Hinweisschild neben dem Epitaph entnommen und oben angeführt haben, sind womöglich nicht die passenden. Hier wurden vor Jahren schon einmal Fotos gezeigt, die ich auch besitze (hier aber nicht mehr abrufbar sind), die zeigen, dass es sich nicht um Melchior von Morungen bzw. nicht um eine Gemahlin Anna von Bendeleben handeln kann. (Das Thema interessierte damals nur am Rande.) Sie wissen betreffs des Denkmals sicher mehr als ich, doch glaube ich zu erkennen, dass die Namen Melchiors und Annas dort auch nirgendwo auftauchen, da das Monument unvollständig ist. Die Inschrift hat sich vermutlich bis unten in einem verlorengegangenen Sockelbereich befunden. Die beiden Schriftfelder oben enthalten wohl lediglich Verse aus der Bibel. Da beide Gatten aber jeweils 8 Wappen aufweisen, kann man die Ahnenprobe als vollständig erachten. Auffällig ist, dass sich das Wappen derer von Morungen (Stern+Mond)) an der linken Säule unten (!) befindet, - Buchstabenfolge Die Von Morungen. Die Ahnenprobe steht also auf dem Kopf, und müsste von unten nach oben gelesen werden. Übrigens beginnen alle Namenskürzel mit einem D, was deutlich macht, dass der jeweils erste Buchstabe nicht für den Vornamen steht, dass ist ein Umstand, der in der Literatur möglicherweise nicht immer berücksichtigt wurde.

Das Wappen derer von Bendeleben, als das Vaterswappen der Frau, müsste also auf der rechten Säule unten zu finden sein, - was aber nicht der Fall ist. Dafür kann es mehrere Ursachen geben. Ein Wappenirrtum ist hier allerdings ausgeschlossen, da es das Wappen der Frau selbst ist, und nicht dass eines Agnaten der vor Jahrzehnten gelebt hatte. Es ist einmal möglich, dass die mutmaßliche Anna von Bendeleben diesen Namen in einer vorangegangenen Ehe erheiratet hatte, und er so in der Literatur überliefert wurde. Da das Wappen Bendeleben aber nicht auftaucht, ist ihre Herkunftsfamilie hier erst einmal unbekannt. Ihr Vaterswappen enthält so etwas wie eine Sturmhaube (?), der Name beginnt mit S. Möglicherweise ist aber das Epitaph gar nicht jenes des Melchior von Morungen und seiner Gemahlin Anna von Bendeleben.


Kann erst später noch etwas schreiben.

S. Meyer
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Beitrag von S. Meyer » 16.05.2013, 16:22

@Simplicius
Das klingt schon sehr interessant. Ich werde die anderen Wappen dann auch noch Stück für Stück einfügen.

Ich persönlich weiß nichts über diesen Epitaph und habe ihn auch noch nicht vor Ort gesehen. Ein Vereinsmitglied hat mich gebeten, ob ich vielleicht was darüber herausfinden könnte. Da lag es nahe hier einen Beitrag zu posten. Mein Interesse ist aber geweckt!

Ich bin gespannt, wie sich das Thema entwickelt!

Viele Grüße,
Sandro

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Simplicius
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Beitrag von Simplicius » 17.05.2013, 16:05

In der Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und Altertumskunde gab es bereits in der Zeit um 1900 einen Beitrag:
Das obersächsische (südharzische) Ministerialgeschlecht von Morungen : (Geschlecht des Minnesingers Heinrich v. Morungen zu Sangerhausen und Obersdorf) / Fr. Schmidt


Die fehlerhaften Angaben in der Kirche St.Ulrich in Sangerhausen, die Sie oben wiedergeben, beruhen sicher auf einer unrichtigen Zuordnung von Fr. Schmidt welche auch unter einer Zeichnung des Epitaphs auf Tafel III in dieser Arbeit erscheint. Das Monument wird darüber hinaus beschrieben, auch die Wappen angeführt, wozu ich hier nur noch einige Bemerkungen mache.

Um es vorwegzunehmen, das Grabdenkmal bezieht sich sicherlich auf Hans von Morungen und seine Frau Katharina, einer geborenen von Schlotheim (D∙V∙S !), denn an der bereits oben angesprochenen Position in der Ahnenprobe der Frau, an der rechten Säule unten, befindet sich das Wappen derer von Schlotheim, analog zur Position an der linken Säule unten, wo das Wappen des Mannes, von Morungen angebracht ist. Diese Zuordnung könnte man aus einem Abschnitt auf S.211 folgern:
Hans von Morungen starb 1549. […] Er wurde nach Kändler S.214 in der Ulrichskirche begraben. Vielleicht war er der erste seines Geschlechts, der daselbst seine Ruhestätte fand, […] Seine Frau war Katharina, geb. v. Schlotheim, Melchiors v. Schlotheim zu Allmenhausen und dessen Frau Anna, geb. v. Wangenheim, Tochter. Sie starb 1557 und liegt ebenfalls in der Ullrichskirche zu Sangerhausen begraben.
Richtigerweise erscheint auch das Wappen Annas von Wangenheim, der Mutter der Verstorbenen auf dem Denkmal, - in der Ahnenprobe an der rechten Säule gleich über dem Vaterswappen (Schlotheim), an zweiter Stelle von unten. Der Irrtum könnte darauf beruhen, dass der zeitliche Abstand zwischen den Todesdaten (1549/1557) und der Errichtung des Denkmals (1583) als sehr groß empfunden wurde, sodass Fr. Schmidt eher die „zeitnahen“ Verstorbenen Melchior von Morungen (Sohn des Hans) und Anna von Bendeleben als die Dargestellten annahm. Die Inschrift die darüber hätte Aufschluss geben können ist ja, wie gesagt, nicht mehr vorhanden. Die späte Errichtung ließe sich allerdings so erklären, dass sie erst durch die Kinder veranlasst wurde. Ab S.221 erfolgt nun eine Beschreibung des irrtümlich Melchior von Morungen und Anna von Bendeleben zugeordneten Epitaphs. Interessant ist eine Fußnote auf der gleichen Seite:
Die Deutung einiger Wappen hat von jeher Schwierigkeiten gemacht, daher auch in dem Aufsatze Menzels im „Herold“ die Wappen unter 2, 5, 9, 12, 13 teils unbenannt, teils als ungewiß bezeichnet sind.
Scheinbar hatte man nicht erkannt, dass es sich nicht um das angegebene Paar handelt, obwohl bspw. ein Wappen Bendeleben gar nicht auftaucht. Ungeachtet dessen gibt es immer wieder unrichtige Darstellungen bzw. falsche Wappen auf Denkmälern dieser Art. Die Fehler treten häufiger auf, je weiter die Ahnen-Generationen zurückreichen. Hier ist es wohl so, dass auf den Säulen jeweils die Großeltern der Verstorbenen heraldisch dargestellt wurden, auf den Lisenen dahinter treten eigentlich die jeweils weiblichen Gatten der urgroßelterlichen Generationen in Erscheinung. Erwartungsgemäß sind dort häufiger Fehler zu verzeichnen.



@S. Meier, Ihre Frage wird sich nicht so leicht beantworten lassen, wenn man keine Genealogie zu Rate ziehen kann. Insofern müssen Sie vorerst mit den Darlegungen aus dem Buch vorlieb nehmen. Nur so viel, schon das Wappen der im Text angegeben von Kromsdorf (Nr.5) weicht von der Abb. auf dem Epitaph ab. Es handelt sich sicher um die Mutter Melchiors von Schlotheim, die an anderer Stelle obendrein als eine von Erfa bezeichnet wird. usw.

Grüße


PS: Um was für einen Verein handelt es sich denn, der sich für das Denkmal interessiert?

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Beitrag von S. Meyer » 19.05.2013, 18:07

@Simplicius
PS: Um was für einen Verein handelt es sich denn, der sich für das Denkmal interessiert?
Es handelt sich um den Heimat- und Geschichtsverein "Goldene Aue" e.V., siehe auch http://www.GoldeneAue.net.

Dein Hinweis auf den Artikel aus der "Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und Altertumskunde" ist super und auch deine Ausführungen dazu. Ich denke wir werden das zum Anlass nehmen und uns das mal näher anschauen. Wenn du richtig liegst und die Tafel enthält fehlerhafte Angaben, dann sollte das unbedingt korrigiert werden.
Deine Ausführungen klingen auf jeden Fall plausibel.

Dein fachlicher Hintergrund würde mich mal interessieren und warum du über den Epitaph so viel weißt. Stammst du aus der Gegend?

Viele Grüße,
Sandro

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