mangelhaftes Wappen oder alles Ok?

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Friedl
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mangelhaftes Wappen oder alles Ok?

Beitrag von Friedl » 07.08.2022, 20:30

Guten Abend, ich brauche eure Hilfe.

Ich habe vor kurzem ein Familienwappen gestiftet >> https://ibb.co/d5t6w67 << jetzt aber von zwei Wappenrollen eine Ablehnung zur Eintragung erhalten.
Ich Zitiere die Passagen aus einer der Emails.

"Allerdings lehnt sich Ihr Wappen allzu sehr an vorhandene Kommunalsymbole an und kombiniert darüber hinaus häufig vorkommende Elemente, sodass die Gefahr besteht, dass es einem bereits existierenden Wappen zu ähnlich ist."

"Verletzung des Ausschließlichkeitsgrundsatzes"

hier die Auflistung:

· Rautenschildhaupt: in zahlreichen by. Kommunalwappen vorkommend, typisch für Gemeinde- und Kreiswappen, daher für Familienwappen eher ungeeignet
· Seeblätter mit Wellen: Gde. Chiemsee, Lkr. Miesbach, Gmund am Tegernsee, Stadt Tegernsee
· Löwe in der Helmzier: Stadt Wasserburg am Inn, Lkr. Wasserburg

Es wurde außerdem bemängelt: "... keine eigene Schöpfungshöhe vorliegt. Die Familie hätte auf andere Weise ausführlicher berücksichtigt werden müssen als durch die bloße Zusammenstellung diverser Kommunalsymbole."

Ich habe mich dann an den Heraldiker gewendet von dem das Wappen stammt, dieser hat mir versichert es ist alles in Ordnung.

Mir gefällt das Wappen sehr gut, ich möchte aber kein "mangelhaftes" Wappen führen und Weitergeben.
Ich hoffe jemand kann mir helfen und klarheit verschaffen da ich mich mit der Heraldik nicht besonders gut auskenne.

Vielen Dank und Liebe Grüße

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Rheinländer_
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Re: mangelhaftes Wappen oder alles Ok?

Beitrag von Rheinländer_ » 08.08.2022, 06:39

Sehr interessant. Handelt es sich bei dem hier in Rede stehenden Wappen möglicherweise um kein redendes Wappen (..die Familie hätte auf andere Weise ausführlicher berücksichtigt werden können..)? Also wurde der Familienname eingebracht? Vielleicht lohnt es sich ja die Kritik anzunehmen. Sicherlich gäbe es hier Personen, die kreativ sein möchten (behaupte ich einfach mal). Wenn es wirklich so viele Verwechslungen geben kann, dann könnte ja immerhin der Eindruck entstehen, dass es sich um ein „Ortswappen“ handelt und nicht um das Wappen einer bzw ihrer Familie.
Und wenn zwei Rollen das schon bemängeln, wird sich sicherlich noch eine weitere finden. Und in Ordnung im Sinne z.b. der verwendeten Farben (Silber und blau, Metall nicht an Metall,…), scheint es bei schneller Betrachtung zu sein.
Auch ich bin kein Fachmann, daher noch eine andere Anmerkung: die Schildform entspricht nicht der „spanischen“ Form und für mein Verständnis könnte der Schild etwas schräg gestellt sein, da Helm und Zier eine Schrägstellung andeuten. Wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, den Löwen nicht Frontal zu zeigen.

Gibt es denn eine Wappenbeschreibung, damit man weiß warum was verwendet wurde?

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Tejas552
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Re: mangelhaftes Wappen oder alles Ok?

Beitrag von Tejas552 » 08.08.2022, 08:20

Das ist wirklich ein interessanter Fall. Ich denke hier gibt es verschiedene Fragen:

1. Ist das Wappen zu nah an einem oder mehreren Kommunalwappen, so dass die Gefahr der Verwechselung besteht? Ich vermute, dass das Wappen für Kenner der bayrischen Kommunalwappen so aussieht, als gehöre es zu einer Gruppe von Kommunalwappen mit Bezug zum Tegernsee. Ob das ein Ablehnungskriterium ist, weiss ich nicht.

2. Hätte "die Familie auf andere Weise ausführlicher Berücksichtigt werden müssen"? Meiner Meinung nach ist es nicht Sache einer Wappenrolle dies zu beurteilen, bzw. zum Ablehnungskriterium zu machen. Trotzdem ist das natürlich ein überlegenswerter Hinweis.

3. Solltest Du das Wappen führen und weitergeben? Wenn namhafte Wappenrollen den Eintrag ablehnen, würde ich dazu raten, dass Wappen zu überarbeiten damit es eintragungsfähig wird.

PS: In der Schweiz gibt es aktuell einen ähnlichen Fall. So hat der Bund dem sehr alten Traditionscafe "Fédéral" in Bern die Verwendung des Wappenschildes mit dem Schweizerkreuz untersagt. Dazu muss mann wissen, dass dieses Cafe diesen Schild schon seit vielen Jahren verwendet. Im Zuge einer Debatte um die "Swissness" wurde aber vor einigen Jahren das Wappenrecht verschärft um die Nutzung der Schweizer Hoheitszeichen einzuschränken.

PPS: Die Schildform entspricht - wie bereits zuvor angemerkt - nicht den Gepflogenheiten der Wappenrolle. Dies liesse ich aber leicht korrigieren.
Zuletzt geändert von Tejas552 am 08.08.2022, 14:41, insgesamt 3-mal geändert.
Beste Grüsse
Dirk

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münchnerherold
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Re: mangelhaftes Wappen oder alles Ok?

Beitrag von münchnerherold » 08.08.2022, 09:00

Kann man Bitte die Wappenbegründung mitteilen ?
Und was sollte bei der Wappenerstellung, bei der
Symbolwahl berücksichtigt werden.

Danke. LG. AK
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Friedl
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Re: mangelhaftes Wappen oder alles Ok?

Beitrag von Friedl » 08.08.2022, 09:04

Danke für die schnellen Antworten.

Die Wappenbegründung ist wie folgt:

Schild: Die Rauten verweisen auf die bayrische Heimat der Familie, die Wellen und die Seeblätter sind ein Hinweis auf die Fraueninsel und den Chiemsee (von dort stammen meine Vorfahren).

Helmzier: Der Löwe verändert aus dem Wappen von Wasserburg am Inn (mein Geburtsort under der Geburtsort von allen mir bekannten Familienmitgliedern)

Farben: Die Farben Blau, Rot uns Silber wurden aus den Wappen von Gde. Chiemsee und Stadt Wasserburg am Inn übernommen.

Mein Wunsch bei der Konzeption des Wappens war meine Heimat und die Heimat meiner Vorfahren und meiner Familie in das Wappen einzubauen.

Soweit ich es verstehe ist es Kein Redendes Wappen der Familienname ist Friedl

Ich hab die ähnlichen Wappen auch mal rausgesucht:

>>https://ibb.co/8KYykpR<< Tegernsee

>>https://ibb.co/6m595bf<< Gmund

>>https://ibb.co/2sLLmzf<< Chiemsee

Ryan
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Re: mangelhaftes Wappen oder alles Ok?

Beitrag von Ryan » 08.08.2022, 09:55

Als ich das zuerst ansehe, sieht es sehr viel aus wie ein bayerisches Kommunalwappen, so sehr, dass es irreführend ist. Traditionell in vielen Ländern waren Hoheitszeichen als Haupt bzw. in andere Formen als Wappenverbesserung verliehen. Der Ideen war mindestens damals üblich, dass man ohne der Erlaubnis des Wappenführers, man war nicht berechtigt ein Hoheitszeichen als teil seinen Wappen zu benutzten. Ob das immer noch Gesetz ist, weiß ich nicht. Trotzdem rate ich davon ab das man ein Zeichen in Wappen führe, das konnte dem Eindruck geben, man hat einer Ehre bekommen hat.

Ich denke auch in Allgemein dass, ein Wappen zusammenzustellen aus Teile von verschiedene Ortswappen, nicht gute Praxis ist.

Die Gefahr, dass die Wappen eine Einmaligkeitsprüfung nicht übersteht, ist der wichtigste Ablehnungsgrund. Ohne das Haupt, ist die Wappen sehr ähnlich, mit dem einem Viertel von dem Tegernseewappen. Diesem Viertel war früher allein geführt.

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Re: mangelhaftes Wappen oder alles Ok?

Beitrag von Tejas552 » 08.08.2022, 10:05

Friedl hat geschrieben:
08.08.2022, 09:04

Soweit ich es verstehe ist es Kein Redendes Wappen der Familienname ist Friedl
Das ist richtig. Ein redendes Wappen wäre eines, bei dem der Familienname durch die Schildfigur wiedergegeben wird, z.B. Herr Baum führt einen Baum im Wappen.

Mit dem Namen Friedl wird es schwierig sein ein redendes Wappen zu erstellen. Der Name leitet sich von einem Vornamen Friedel/Fridolin ab. In mittelhochdeutsch gab es den Begriff Friedel (Friedelehe) als Geliebter, bzw. Geliebte.

Um den Namen symbolhaft im Wappen zu reflektieren, könnte man beispielsweise auf den Heiligen Fridolin verweisen.
Beste Grüsse
Dirk

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Re: mangelhaftes Wappen oder alles Ok?

Beitrag von Gerd » 08.08.2022, 11:49

Hallo,

man könnte, um bei den Symbolen zu bleiben, alles etwas minimieren und zusammenfassen. Auf die Rauten würde ich ganz verzichten, da die Farben Blau und Silber auch auf Bayern verweisen können. Hier mal eine Idee von mir:

Im Schild könnte unten ein Wellenschildfuß sein. Darüber dann eine Löwenpranke die ein Seeblatt hält. Die Löwenpranke mit dem Seeblatt könnte dann auch wachsend auf dem Helm zu sehen sein.
Mit besten Grüssen
Gerd
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Re: mangelhaftes Wappen oder alles Ok?

Beitrag von Markus » 08.08.2022, 12:05

Ich halte die Begründung der Ablehnung durch die Wappenrollen für an den Haaren herbeigezogen. Es ist nicht deren Aufgabe zu prüfen, warum sich jemand für eine bestimmte Symbolik entschieden hat. Sie sollen prüfen, ob die heraldischen Regeln eingehalten wurden, ob Symbole verwendet wurden, die hoheitlichen Stellen vorbehalten sind und ob Verstöße gegen das "Einmaligkeitsgebot" vorliegen. Und letzteres ist ja schon fast ein Ding der Unmöglichkeit. Sind die Rauten, wie wir sie hier sehen unzulässig? Ich glaube nicht. Das wäre zu klären. Der Begriff "keine eigene Schöpfungshöhe" ist ja wohl ziemlich frech! Ich würde denen die eigene Schöpfungshöhe um die Ohren hauen. Ein redendes Wappen ist zwar schön, aber niemals zwingend. Jeder ist völlig frei in seiner Wahl. Wenn jemand Fichte heißt, kann er dennoch Karpfen oder Lindgewürm ins Wappen nehmen. Ich finde das Wappen gut und würde nichts ändern. Jetzt erst recht nicht.
Heraldische Grüße
Markus

Vollwappen im Wappenindex Greve:
https://www.familie-greve.de/wappeneint ... &wid=72488

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Re: mangelhaftes Wappen oder alles Ok?

Beitrag von Rheinländer_ » 08.08.2022, 12:39

Da ist natürlich was dran (an der Aussage von Markus). Die Wahl nach Motiven ist frei und ein redendes Waopen kein muss. Aber das sollte ja bereits bei der Beratung alles aufgezeigt worden sein.

Im Zweifel wird es hier -wie ja bereits schon geschehen- Vorschläge und Ideen geben...

Sofern der Name Friedl auch vom Wort her als "Beschützer" abzuleiten ist, wäre ja auch (in blau) ein silberner Mittelschild denkbar. Darin dann die in allen aufgeführten Wappen vorkommenden Seeblätter im (blauen) Dreipass (die Blätter dann doppelt oder einfach dargestellt).

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Re: mangelhaftes Wappen oder alles Ok?

Beitrag von Rheinländer_ » 08.08.2022, 14:00

Mal eine Variante so aus Spaß (Farben: Herkunft, 3 Seeblätter für die drei Orte der Familie, Mittelschild (oder ein blauer Bord für die Namensanspielung):

Bild

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Re: mangelhaftes Wappen oder alles Ok?

Beitrag von Tejas552 » 08.08.2022, 14:48

Die Geschichte mit der "eigenen Schöpfungshöhe" ist noch interessant und vermutlich der zentrale Grund für die Ablehnung des Wappens. Bei der Schöpfungshöhe handelt es sich um einen juristischen Begriff der die kreative Eigenleistung beschreiben soll. Einem Design, dass lediglich aus schon existierenden Elementen zusammengesetzt wurde, fehlt demnach die "eigene Schöpfungshöhe" und ist nach dem Urheberrecht nicht schützenswert.

Laut Wikipedia ist z.B. das ARD-Logo nicht schützenswert, weil es keine "eigene Schöpfungshöhe" hat, bzw. weil es aus bestehenden Elementen zusammengesetzt wurde.

https://de.wikipedia.org/wiki/Sch%C3%B6pfungsh%C3%B6he

Ich vermute, dass die Herolde hier genauso argumentieren wie beim ARD-Logo. Ihrer Ansicht nach ist das Wappen aus existierenden Elementen Zusammengesetzt und daher mangels Schöpfungshöhe nicht schützenswert, bzw. eintragungsfähig.
Ich wundere mich schon etwas über die Argumentation, aber da gleich zwei (namhafte?) Wappenrollen den Eintrag verweigern, ist dies wohl ein anerkanntes Kriterium.
Beste Grüsse
Dirk

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münchnerherold
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Re: mangelhaftes Wappen oder alles Ok?

Beitrag von münchnerherold » 08.08.2022, 15:16

Da das Wappen heraldisch ohne Fehler ist handelt es
sich doch nur um ein klares Mobbing !
Wenn ein Wappenstifter einen Rautenschildhaupt wünscht
steht es keiner Wappenrolle zu das zu verweigern oder zu
bemängeln.
Schön wäre auch noch wenn Herr Riedl uns die beiden
Wappenrollen namentlich mitteilen würde.
Schöne Grüße,
AK. :lol:
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Friedl
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Re: mangelhaftes Wappen oder alles Ok?

Beitrag von Friedl » 08.08.2022, 15:44

Danke euch für die Tollen Ideen und die Wappen Idee, schaut richtig gut aus.
Danke auch für die Infos.

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Tejas552
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Re: mangelhaftes Wappen oder alles Ok?

Beitrag von Tejas552 » 08.08.2022, 15:54

Friedl hat geschrieben:
08.08.2022, 15:44
Danke euch für die Tollen Ideen und die Wappen Idee, schaut richtig gut aus.
Danke auch für die Infos.
Mich würde in der Tat auch interessieren, welche Wappenrollen den Eintrag verweigert haben.
Beste Grüsse
Dirk

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