Ausgliederung

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GM
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Re: Ausgliederung

Beitrag von GM » 05.05.2022, 16:40

Tejas552 hat geschrieben:
05.05.2022, 15:45
Ach komm jetzt, dass hast Du Dir doch gerade wieder ausgedacht. Sowas gibts doch nicht. :D
Doch, doch. Der Vorsitzende ist der Most honorable Lord of the Distances, mit Generalbevollmächtigten auch in Deutschland 😎.


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GM
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Re: Ausgliederung

Beitrag von GM » 05.05.2022, 18:52

:mrgreen:

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Berlingo
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Re: Ausgliederung

Beitrag von Berlingo » 05.05.2022, 20:25

GM hat geschrieben:
05.05.2022, 16:40
Tejas552 hat geschrieben:
05.05.2022, 15:45
Ach komm jetzt, dass hast Du Dir doch gerade wieder ausgedacht. Sowas gibts doch nicht. :D
Doch, doch. Der Vorsitzende ist der Most honorable Lord of the Distances, mit Generalbevollmächtigten auch in Deutschland 😎.
:ironie:

Ich kenne den auch. :lol:
Er hat gerade in Brüssel angeregt, dass man die 200-Schritt-Regel europaweit auf 201-Schritt vergrößern muss. Als Argument führt er an, dass die Anzahl der Wappen, die vorgeblich "unproblematisch" sind, dann noch weiter verkleinert werden kann und die Anzahl der "problematischen Wappen" dadurch weiter vergrößert wird! Langfristig verfolgt der Lord das Ziel, den Abstand immer weiter wachsen zu lassen (202-Schritt, 203-Schritt ... und so weiter), bis klar erkennbare, übersichtliche und einfache Wappen nur noch jene sind, die in einer einzigen heraldischen Farbe tingiert sind, also nur in Schwarz, oder nur in Rot oder so -- und ohne jede Unterabteilung mittels Heroldsbilder sowie ohne gemeine Figuren. Erst dann wäre die größtmögliche Erkennbarkeit/Wiedererkennbarkeit und die vollkommen Ästhetik und Gesamtharmonie eines Wappens gesichert.

Natürlich gab es gegen diesen Vorschlag sofort heftigen Widerstand. Manche Abgeordnete schlugen vor, dass es im Gegenteil endlich Zeit wäre, den Abstand auf 199-Schritt zu verkürzen. Man wolle sich dafür einsetzen, dass nicht mehr 98% aller Wappen, die seit der Früh-/Blütezeit des Wappenwesen existieren, als "problematischen Wappen" in Verruf gebracht werden -- ohne dass es auch nur den Hauch eines wissenschaftlichen Beweises dafür gäbe, wieviele dieser vorgeblichen "problematischen Wappen" auf 200-Schritt überhaupt unerkennbar oder nicht wiedererkennbar sind. Die 199-Schritt-Empfehlung sei erst der Anfang, um dadurch die Anzahl der "unproblematischen Wappen" zu vergrößern und die Anzahl der "problematischen Wappen" zu verkleinern. Langfristig strebe man an, den Abstand der Erkennbarkeit so klein zu machen (198-Schritt, 197-Schritt ... und so weiter), dass jedes Wappen gut "erkennbar/wiedererkennbar" ist, egal, ob es beispielsweise einen Eberlöwen zeigt, ein Sammelsurium von Motiven oder einfach gar nichts -- zumindest für die, die nicht blind sind und ein "gesundes Gehirn" haben. Die anderen mit ihren "kranken Gehirnen", die können ja eh nichts erkennen.

Beide Vorschläge entsetzten übrigens die im Parlament vertretenen Wissenschaftler. Diese wiesen als erstes darauf hin, dass alle drei Zahlen -- 201-Schritt, 200-Schritt und 199-Schritt -- willkürlich gegriffen sind und, rein logisch-rechnerisch betrachtet, völlig unbrauchbare Maßstäbe für die Erkennbarkeit/Wiederkennbarkeit eines Wappens wären. Und überhaupt: "Erkennbarkeit" wäre etwas völlig anderes als "Wiedererkennbarkeit". Wiedererkennbarkeit setzt voraus, dass man ein Wappen schon mal sah und es auch als solches mit seinem Wappenbild "erkannte", beispielsweise eine Eberlöwenfigur auch als Eberlöwenfigur wahrgenommen hatte (und nicht als Nilpferd oder Pixelbrei); "Erkennbarkeit" setzt dagegen voraus, dass wir als Menschen überhaupt etwas erkennen können. Und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft sei es so, dass es zwar eine physische Welt gibt. Das Problematische aber wäre, so die Wissenschaftler, dass wir die Realität gar nicht "sehen." "Rot existiert nicht, die Note „C“ existiert nicht. Das sind alles Dinge, die in unserem Kopf entstehen und die wir auf die Welt projizieren." -- "Erkennbarkeit" sei, so die Wissenschaftler, nie objektiv bestimmbar, selbst etwas so Grundlegendes wie Farben werden quasi erst im subjektiven Betrachter "erkennbar". Und Hunderte von Versuchen und Experimenten aus etlichen unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen haben nach Ansicht der Wissenschaftler mittlerweile bestätigt, dass uns unser Gehirn permanent "belügt". Es "erkennt" fortwährend "Sachen", die physisch gar nicht existieren -- und es "verkennt" fortwährend Sachen, die physisch existieren.

Im Jahre 2015 war es beispielsweise möglich, dass ein Bild von einem Kleid im Internet von tausenden und abertausenden von Menschen gesehen wurde, ohne dass diese sich darauf einigen konnten, welche Farbe das Kleid überhaupt hat. So schlecht steht es um die "objektive Erkennbarkeit" von Bildern. Selbst mit nur wenigen Zentimetern Abstand. Und für einen Synästhetiker wäre beispielsweise ein "Wappen mit Eberlöwen" auch dann nicht "erkennbar", wenn man es ihm direkt vor die Augen hält. Die "Erkennbarkeit", von denen, die Erfinder der willkürlichen 200-Schritt-Empfehlung für Wappen träumten, die gibt es gar nicht -- behaupteten uniso die anwesenden Wissenschaftler (in diesem Moment, so berichteten es später neutrale Anwesende, entfuhr dem Lord of the Distances wider Willen ein lautes "alles Unsinn!"). Doch die Wissenschaftler legten noch etwas oben drauf. Es sei beispielsweise auch vollkommen egal, so die Wissenschaftler, was die Augen auf 199, 200 oder gar 201 Schritt "sehen" würden -- das Gehirn macht daraus eh, was es will. Es sei sogar schon vorgekommen, dass ein im Sinne der Wappenpuristen durch und durch "unproblematisches Wappen" auf 200 Schritt von einem Wappen-Unkundigen als Straßenschild "erkannt" wurde -- und umgekehrt: sei es auch schon vorgekommen, dass die einfache schwarz-weiße Landmarke, die in jüngster Zeit als Orientierungspunkt für computergesteuerte Autos dient, auf 200 Schritt von einem Wappenpuristen als "unproblematisches Wappen" erkannt wurde, mit einem silbern-schwarz schräggeteiltem Schild und im ersten Feld mit einem schwarzen Schrägbalken ...

:wink: :wink: :wink:

:ironie:
Zuletzt geändert von Berlingo am 06.05.2022, 02:00, insgesamt 7-mal geändert.

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Re: Ausgliederung

Beitrag von GM » 05.05.2022, 20:51

Vielen Dank für diese ausführlichen und erhellenden Darlegungen!
So erfährt das Wappenwesen endlich die ihn zustehende wissenschaftliche Beachtung 😄.

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Re: Ausgliederung

Beitrag von RME » 05.05.2022, 21:52

Lange nicht mehr so herzhaft gelacht. Danke Berlingo. Das Lesen hat großen Spaß bereitet.

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Tejas552
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Re: Ausgliederung

Beitrag von Tejas552 » 06.05.2022, 07:35

Berlingo hat geschrieben:
05.05.2022, 20:25

Ich kenne den auch. :lol:
Er hat gerade in Brüssel angeregt, dass man die 200-Schritt-Regel europaweit auf 201-Schritt vergrößern muss.
....

Ja ja, typisch Brüsseler Beamte, experimentieren mit 200- und 201-Schritt-Regeln und am Ende winken sie dann doch einen Pferde-Biber-Bären durch, den man nicht mal nach der 2.5-Schritt-Regel als solchen erkennen kann. :wink:

:ironie:
Beste Grüsse
Dirk

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GM
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Re: Ausgliederung

Beitrag von GM » 06.05.2022, 09:13

Angesichts der äußerst kontroversen Debatte zu heraldischen Distanzregeln im Rahmen der EU erwägt der High Court of Distances nach Verlautbarung seines derzeitigen Vorsitzenden, Sir Asketh B. Nottoosmall-Pleath, die Einführung einer neuen Systematik zur Gewährleistung einer guten Erkennbarkeit von Wappen.
Anstelle der offensichtlich nicht mehr zeitgemäßen Distanzregeln könnten künftig - abhängig vom Grad der Komplexität/Kleinteiligkeit von Wappen - Mindestgrössen für die öffentliche Darstellung und Führung von Wappen vorgegeben werden. Dies könne bei besonders kleinteiligen Aufrissen durchaus eine Größe gem. der deutschen DIN A0 und darüber hinaus bedeuten. Besonders vielfeldrige Wappen, wie sie im Bereich des europäischen Adels häufig vorkommen, dürften demnach nur noch auf Plakatwänden abgebildet werden.
Eine lebhafte Debatte dieses revolutionär neuen Ansatzes darf erwartet werden.

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Jochen
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Re: Ausgliederung

Beitrag von Jochen » 06.05.2022, 09:19

:lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol:

Weiter so Jungs, Ihr habt mir den Freitagmorgen vergoldet ....
Ne suy plus vil que les aultres

jochen

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Re: Ausgliederung

Beitrag von Gerd » 06.05.2022, 09:36

****** EILMELDUNG *******

Der 2.Vorsitzende und 1.Stellvertreter des obersten Vorsitzenden des High Court of Distances, Sir Miles Yard of Footcastle, besteht weiterhin auf die 200-Schritt-Regel, allerdings bei Größe des Wappenschildes in der eines Schildes wie sie zum Kampf oder Turnier benutzt wurden.
Mit besten Grüssen
Gerd
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Jochen
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Re: Ausgliederung

Beitrag von Jochen » 06.05.2022, 10:15

**** Édition spéciale France – les dernières Nouvelles ****

Der berühmte héraldiste français Pythagore Comte de Pois wurde arrêtiert.

Er wird accusé, den Schild des Marquis Pantagruel de Lécussonénorme um ein Drittel verkürzt zu haben, damit die ratio d'aspect aus Cimier, Helm und Schild von trois : deux : trois wiederhergestellt wird.

La Guillotine wird vorsorglich reparée.
Ne suy plus vil que les aultres

jochen

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Re: Ausgliederung

Beitrag von Markus » 06.05.2022, 10:22

Wenn jetzt noch jemand wagt, die Heraldik als staubtrockene Materie zu bezeichnen, den verweise ich auf diesen Faden. Habe herzlich geschmunzelt!
Heraldische Grüße
Markus

Vollwappen im Wappenindex Greve:
https://www.familie-greve.de/wappeneint ... &wid=72488

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Re: Ausgliederung

Beitrag von GM » 06.05.2022, 14:38

Aus gewöhnlich gut unterrichteten Quellen verlautet, dass der Osservatore Romano am Montag einen scharfen Protest des Kardinalstaatssekretärs veröffentlichten werde.
Darin wird sich Eminenz gegen die „zweifellos teuflischen“ Veränderungsbestrebungen im altehrwürdigen Wappenwesen wenden und erklären, der Heilige Stuhl werde weder auf das Privileg der gold-silbernen Tingierung päpstlicher Wappen verzichten noch die zugehörigen Schlüssel Petri durch Tastenfelder für Zahlencodes ersetzen. 😎

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Tejas552
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Re: Ausgliederung

Beitrag von Tejas552 » 06.05.2022, 16:16

Ok, ok ich habe es verstanden. Mein Versuch eine Lanze für die alte Heraldik zu brechen ist kläglich gescheitert. Sir Asketh, his Lordship of Distances und meine Wenigkeit ergeben sich der Übermacht, strecken die Waffen und legen ihre klar erkennbaren aber völlig zerhauenen Schilde nieder. :(

Es lebe die neue Zeit in der Flora und Fauna auf den Schilden in immer groteskeren Formen bis zur Unkennlichkeit ineinander verschmelzen und der Stecknadelkopf zur beliebtesten Schildfigur wird. :wink: :ironie:
Beste Grüsse
Dirk

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Markus
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Re: Ausgliederung

Beitrag von Markus » 06.05.2022, 16:19

Nun muss ich, sich als den gut unterrichteten Kreisen zugehörig fühlender Vaticanisti doch noch etwas hinzufügen. Im Kern drehte es sich bei dem scharfen Protest des Kardinalstaatssekretärs um eine Reaktion auf die Erklärungen des deutschen Synodalen Weges, der in seiner Erklärung 3.67 H-55-Vat. aus der Gruppe "Tradition und Fortschritt", mit der Forderung an die vatikanischen Behörden herantrat, die kirchliche Heraldik möge sich doch vom patriachalen Erscheinungsbild wegbewegen, hin zu einer, das ganzheitliche Menschenbild symbolisierenden Bildersprache, die auch die Thematik der Gendergerechtigkeit mit einschließt. Als Beispiel wurden die Farben des Regenbogens genannt, die mit all ihren Abstufungen in den heraldischen Farbcanon aufzunehmen seien. Ebenso wurde die Zulassung weiblicher und diverser Schildhalterinnen und Schildhaltenden gefordert.
Der hl. Vater selbst musste beim Kardinalstaatssekretär intervenieren, den Protest nicht all zu scharf zu formulieren und besser noch, in andere Bahnen zu lenken. Er ist der Meinung, man könne besser bei diesem Thema etwas nachgeben, um den Synodalen das Gefühl zu vermitteln, gehört und ernst genommen zu werden, als an anderen Glaubenswahrheiten zu rütteln. Der Papst wörtlich: Ich scheiß auf die Wappen, wenn ich dafür den Woelki in Köln lassen kann. Lieber einen Regenbogen auf jeden Schild, als den Woelki in Rom. Der ruiniert mir noch die ganzen Finanzen!
Heraldische Grüße
Markus

Vollwappen im Wappenindex Greve:
https://www.familie-greve.de/wappeneint ... &wid=72488

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