Zuordnung eines Wappens bei Namenswechsel

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Hans Huckebein
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Zuordnung eines Wappens bei Namenswechsel

Beitrag von Hans Huckebein » 07.01.2016, 11:12

Hallo,

ich bin neu hier und habe gestern einige Zeit im Forum gelesen, bevor ich mich angemeldet habe. Mir gefällt der nette Umgangston und das Fehlen von Smilies.

Zu meiner Frage. In den letzten Jahren habe ich meine Familiengeschichte weit erforscht und bin sehr weit gekommen. Die ältesten Vorfahren, die ich lückenlos nachweisen kann stammen aus dem 13. Jahrhundert. An dieser Stelle (und schon etwas vorher) wird die Quellenlage dünn und ich kann die Zugehörigkeit zu einem Familienkreis häufig nur noch über verwendete Siegel und Wappen vermuten. So bin ich dazu gekommen mich mit den Wappen zu beschäftigen. In der Ahnenreihe tauchen mehrfach Wappen auf. Nun würde mich interessieren, ob ich ein bestimmtes Wappen nutzen dürfte. Denn da gibt es eine Besonderheit.

Ich kann meinen Stammbaum zur Familie Wehlau in Specken bei Bad Zwischenahn verfolgen. Die Familie Wehlau war erbgesessen und ursprünglich adelig. Wie fast der gesamte Oldenburger Landadel sind sie im 17. Jahrhundert in den Hausmannsstand zurückgetreten. Einer der Söhne hat 1780 auf einen Hof eingeheiratet und die Witwe des verstorbenen Hofbesitzers geehelicht. Die Witwe hatte keine männlichen Nachkommen aus der ersten Ehe. Wie üblich hat er den Namen des Hofes angenommen. Kurz nach der Heirat starb auch die Witwe. Auch aus dieser Verbindung gab es keinen männlichen Nachkommen. Er blieb auf dem Hof, heiratete erneut und aus dieser Ehe stammt meine Familie.
Die Linie der männlichen Nachkommen kann ich also in direkter Folge zur Familie Wehlau zurückverfolgen. In der Famliengeschichte davor gab es schon mal einen Namenswechsel, denn die Wehlaus hießen ursprünglich von Fikensolt, haben damals aber das Familienwappen der von Fikensolts mit der Pferdebremse übernommen.

Ich habe nicht vor das Wappen zu führen. Dafür habe ich keine Verwendung. Aber mich würde interessieren, wie diese Situation aus heraldischer Sicht zu beurteilen ist.

Das Wappen ist in einem Buch abgebildet. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das hier einfach veröffentlichen darf.

Vielen Dank
Hans Huckebein

Joachim v. Roy
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Die v. Fickenhold in Oldenburg

Beitrag von Joachim v. Roy » 07.01.2016, 12:14

Dem „Adelslexikon“ des Pastors Johann Friedrich Gauhe, Bd. II, Leipzig 1 7 4 7, S. 284/285, zufolge
florierten die - aus der Grafschaft Oldenburg stammenden - uradeligen Herren VON FICKENHOLD
(nicht: VON FIKENSOLT !!) „noch h e u t z u T a g e in obbesagter Grafschafft“. Von einem Namens-
wechsel ist hier keine Rede.

MfG

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Jochen
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Re: Zuordnung eines Wappens bei Namenswechsel

Beitrag von Jochen » 07.01.2016, 12:18

Willkommen im Forum !

Und vielen dank für die ausführliche, interessante Fallgestaltung.

Grundsätzlich gilt nach heutigem Recht, daß das Wappen im sogenannten Namensstamme vererbt wird.

Zum Auftakt der Diskussion daher ein Tipp: Siehe hierzu einen etwas älteren Diskussionsfaden.

http://www.heraldik-wappen.de/viewtopic ... lit=richau

Richau orientiert sich unter anderem am modernen Gleichberechtigungsgrundsatz von Mann und Frau.
Das Wappen ist in einem Buch abgebildet. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das hier einfach veröffentlichen darf.

Vielleicht ist die Abbildung des Wappens gemeinfrei geworden (70 Jahre nach dem Tode des Urhebers), dann wäre überhaupt kein Problem gegeben. Ansonsten würde ich mich auf den Standpunkt stellen, daß ein Zitat, auch ein Bildzitat, jedenfalls unter Quellenangabe nicht so tragisch wäre....
Ne suy plus vil que les aultres

jochen

Hans Huckebein
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Re: Zuordnung eines Wappens bei Namenswechsel

Beitrag von Hans Huckebein » 07.01.2016, 12:37

@ v. Roy
die von Fikensolt schreiben sich so. Sie sind Uradel, aber im Mannesstamm ausgestorben. Siehe wikipedia Kapitel die Braut von Fikensolt:

https://de.wikipedia.org/wiki/Fikensolt

Es gibt eine Abhandlung zu der Familie, die in der Schriftenreihe der Oldenburgischen Gesellschaft für Familienforschung erschienen ist. Teile der Familie nannte sich von Fikensolt genannt Wehlau. Die Wappen beider Famlien tragen die Pferdebremse. Mitglieder beider Familien siegeln und bezeugen miteinander. Es gibt enge Verbindungen zu anderen Familien, die ebenfalls die Pferdebremse im Wappen tragen.

@ jochen
danke für den Link. Den werde ich mir durchlesen. Die Wappendarstellung, die mir vorliegt, stammt aus dem Heft Oldenburger Wappentafel von Bolko Kannenberg. Das Heft ist ebenfalls in der Schriftenreihe der OGF und ist erst 1998 erschienen. Da dürfte der Urheberschutz noch voll greifen. Zumal es keine alten Darstellungen, sondern von den Heraldikern Otto Gruber und Kurt Schweder neu gezeichnete Wappen sind.

Vielen Dank schonmal für die schnellen Antworten
Hans Huckebein

Frank Martinoff

Re: Zuordnung eines Wappens bei Namenswechsel

Beitrag von Frank Martinoff » 07.01.2016, 13:19

Hans Huckebein hat geschrieben:@ v. Roy
die von Fikensolt schreiben sich so. Sie sind Uradel, aber im Mannesstamm ausgestorben. Siehe wikipedia Kapitel die Braut von Fikensolt:

https://de.wikipedia.org/wiki/Fikensolt
"""1613 nach dem Tod des ohne männlichen Nachkommen gebliebenen letzten Junkers von Fikensolt, Johann, geerbt. Johann von Waddewarden blieb zeitlebens Junggeselle. Doch als er im Alter von 53 Jahren doch noch heiraten wollte, starb er ausgerechnet am Morgen der geplanten Hochzeit."""

... das liest sich so als wenn Sie nur in dieser Ortschaft ausgestorben sein könnten,
das bedeutet nicht, dass es nicht noch andere geben "könnte" :idea:

Hans Huckebein
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Re: Zuordnung eines Wappens bei Namenswechsel

Beitrag von Hans Huckebein » 07.01.2016, 13:52

@Frank
das die Fikensolter im Mannesstamm ausgestorben sind, wird in jedem Buch zur reginalen Geschichte geschrieben. Die familiären Beziehungen dieser Familien sind ausgiebig beschrieben und dokumentiert. Meines Wissens ist das unstrittig. Man findet niemanden mit diesem Namen heute im Telefonbuch. Die Zweige der Familie, die nicht am Stammsitz in Westerstede geblieben sind, haben sich umbenannt z.B. in Wehlau. Alle Nachkommen dieser Zweige führen die geflügelte Ross- oder Pferdebremse im Wappen.

@all
Mein Thema war die Weitergabe des Wappens. Aus dem verlinkten Beitrag habe ich gelernt, dass mit dem Namenswechsel erlischt das Recht das Wappen zu führen. Innerhalb der Namenslinie ist dann die Blutlinie wichtig, egal ob männlich oder weiblich. Das gefällt mir, denn ich habe mich schon immer gewundert, warum manche Familienforscher immer nur die Manneslinien verfolgen. Ich habe immer auch versucht die weiblichen Linien zu finden. Dabei kamen interessante Verbindungen (und etliche Wappen) zutage.

Wollte ich oder jemand meiner Nachkommen ein Wappen führen müßte ein neues Wappen gestiftet werden. Dann könnte man aber Symbole aus den alten Wappen aufgreifen, um die Herkunft darzustellen. Richtig so?

Ich habe das Wappen mal abgezeichnet. Das Wappen wird so beschrieben: Wappen (1441): In Gold eine geflügelte rote Pferdebremse mit rotem Band. Auf dem Helm mit rot-goldenen Decken die Schildfigur.

Wappen Wehlau nachgezeichnet.jpg
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Gerd
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Re: Zuordnung eines Wappens bei Namenswechsel

Beitrag von Gerd » 07.01.2016, 14:55

Hans Huckebein hat geschrieben:...Wollte ich oder jemand meiner Nachkommen ein Wappen führen müßte ein neues Wappen gestiftet werden. Dann könnte man aber Symbole aus den alten Wappen aufgreifen, um die Herkunft darzustellen. Richtig so?...
Das ist richtig so. Die Handskizze des nachgezeichneten Wappens sieht übrigens ganz ordentlich aus.
Mit besten Grüssen
Gerd
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Joachim v. Roy
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Wappenfigur: Pferdebremse

Beitrag von Joachim v. Roy » 07.01.2016, 18:37

Die Zeichnung zeigt eine g e f l ü g e l t e Pferdebremse, wie in dem bekannten Wappen der mecklenburgischen Familie v. Weltzien, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Weltzien_ ... Wappen.png .

Die vor allem in Nordwestdeutschland verbreiteten „Pferdebremsen“ (frz.: une paire de morailles) waren jedoch u n g e f l ü g e l t (vgl. die Wappen der Familien v. Allendorf, v. Beveren, v. Carnap, v. Dornenburg genannt Aschebrock, v. Ense, v. Holtey, v. Husen, v. Leithe usw.). Siehe auch http://heraldik-wiki.de/index.php?title=Rossbremse .

MfG

Hans Huckebein
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Re: Zuordnung eines Wappens bei Namenswechsel

Beitrag von Hans Huckebein » 07.01.2016, 19:46

@v. Roy
Die Pferdebremse mit Flügel wird aber schon 1414 von den Wehlaus verwendet. Ebenso haben die Fikensolter eine geflügelte Pferdebremse im Wappen. Es gibt eine Oldenburger Linie der Weltziens, die aber erst 200 Jahre später ansässig ist. Die Ähnlichkeit ist aber verblüffend. Eine Verbindung, die ja älter als 1441 sein müsste, konnte ich bislang nirgends finden. Eigentlich müsste die Verbindung noch älter sein, denn die Fikensolter werden zum Oldenburger Uradel gezählt. Sie waren schon beim Entstehen der Oldenburger Grafschaft vor Ort. Aus dieser Zeit sind die Quellen kümmerlich. Alle Angaben basieren auf meinem Erkenntnisstand, den ich mir aus der Regionalliteratur erlesen habe. Vor Irrtum bin ich nicht gefeit und wenn jemand Hinweise für eine Verbindung hat, würde mich das sehr interessieren.

Hier das Zeichen der Wehlaus aus einer Liste von Hausmarken
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image.jpeg (40.35 KiB) 4654 mal betrachtet
Hier der Grabstein der Wehlaus in Zwischenahn, der allerdings jüngeren Datums ist und ein Allianzwappen der Wehlaus und von Aschwede zeigt.
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image.jpeg (60.12 KiB) 4654 mal betrachtet

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Claus J.Billet
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Re: Zuordnung eines Wappens bei Namenswechsel

Beitrag von Claus J.Billet » 08.01.2016, 12:15

Wenn ich mir diese obige Hand-Skizze ansehe und dann :
... welch ein Zufall : :wink:
http://wiki-de.genealogy.net/Datei:Wapp ... _081_7.jpg

https://de.wikipedia.org/wiki/Kobrinck

Hans Huckebein
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Re: Zuordnung eines Wappens bei Namenswechsel

Beitrag von Hans Huckebein » 08.01.2016, 14:50

Hallo,

Das eigentliche Thema des Beitrags, die Weiterführung des Wappens bei Namenswechsel ist ja geklärt. Irgendwie verspüre aus den letzten Beiträgen Zweifel an meinen Ausführungen zur geflügelten Pferdebremse.

Ich habe das Wappen aus dem Buch Oldenburgische Wappentafel abgezeichnet. Dort findet sich dieses Wappen der Wehlaus. Aus dem Begleittext ist eindeutig zu entnehmen, dass es das Wappen meiner Vorfahren ist.

---- Bild gelöscht -----

Das Wappen ist identisch mit den gezeigten Wappen der Kobrincks. Auch diese Familie gehört in den Familienkreis, der mit den Fikensoltern verbunden ist. Die Kobrincks haben westfälische Verbindungen und sich später dorthin orientiert. Wohl auch um dem Druck der Oldenburger Grafen zu entgehen, der auf den Landadel ausgeübt wurde.

Wie erklärt sich die Gleichheit der Wappen mit den vielen verschiedenen Namen? Zu meiner Anfrage war die Möglichkeit der Weiterführung verneint worden. Hier scheint das aber mehrfach praktiziert worden zu sein. Von Fikensolt, Wehlau, Kobrinck haben alle das gleiche Wappen und unterschiedliche Namen. Die Ähnlichkeit zum Wappen der Weltzien kann ich nicht mit Familienbanden erklären.

Herzliche Grüße
Hans Huckebein

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