Wappeneigner gesucht

[AvN]

Liebe Heraldikfreunde,

gestern gab mir ein Bekannter zwei Wappen seiner Vorfahren. es sind alte Bilder, handgemalt, das Gold ist schon sehr verblaßt und das Papier vergilbt. Möglicherweise wurden die Farben später aufgefrischt.
Als ich allerdings die darunter angeführte "Quellenangabe" las, kam sofort der Verdacht auf, daß da der Vorfahre einem der vielen Wappen-Betrüger aufgesessen ist, denn die "europäische Wappen-Sammlung" gibt es bekanntlich nicht (gemeint ist manchmal damit der alte Siebmacher). Im alten Siebmacher fand ich weder die Namen, noch auf den entsprechenden Tafeln ein ähnliches Wappen. Dem Bamberg-Wappen ähnelt das der Freiherren v. Bemelberg (Abt. 1, Tafel 25), das Grüneberg-Wappen habe ich noch nicht gefunden.

Weiß jemand, welchen Familien diese Wappen tatsächlich gehören oder welche von dem "Heraldiker" abgewandelt wurden?
Auch wenn die Wappen nicht echt sind, sind es doch alte Fälschungen; was sind solche gerahmten Wappenbilder heute wert und von wann genau stammen sie?

AvN

[Jochen]

Es sind eindeutig Fälschungen - oder besser gesagt: Schwindeldokumente.

Und richtig, auch solche Werke sind Dokumente ihrer Zeit und besitzen als solche einen gewissen ideellen - und natürlich auch materiellen - Wert.

Liebhaber wird es wenige geben, handwerklich/künstlerisch sind beide Arbeiten Dutzendware (was übrigens durchaus nicht bei allen solchen Schwindelstücken der Fall ist)....

Das mag schon einen gewissen Hinweis geben, daß möglicherweise nicht viel "zu holen" ist.....

[AvN]

Das dachte ich mir schon. Und sind diese Wappen denn wenigstens heraldisch (von der Gestaltung her) korrekt? Da habe ich bei dem Schildbild des "Bamberg" so meine Zweifel: Weder kenne ich so eine senkrechte breite Linie, noch habe ich je in einem gevierten Schild so angeschnittene Tiere (Katzen?) gesehen. Es wäre doch eher zu erwarten, daß sie dort ganz dargestellt sind. Auch die Krone scheint hier fehl am Platze zu sein.

Gruß
AvN

[Jochen]

Also heraldisch "korrekt" ist der Inhalt beider Wappen durchaus. Die Ausführung allerdings läßt zu wünschen übrig….

Das vorgebliche "Grüneberg-Wappen" finde ich übrigens noch nicht mal so schlecht. Kritikpunkte wären insbesondere Helm- und Schildform, die heraldische Stilisierung könnte ebenfalls schlimmer sein. Es ist wahrlich keine Offenbarung, nur, wie gesagt, da gibt es schlimmere Kandidaten.

Die Ausführung des vorgeblichen "Bamberg-Wappens" indessen ist da deutlich schlechter. Die Hörner, die aus dem neckischen Helmkrönchen herauswachsen (und von denen man eines kaum erkennen kann), die Stilisierung der Tiere (Sie stellen zu Recht ein Fragezeichen hinter die "Katzen", man kann kaum erkennen, was es sein soll), der viel zu breite Pfahl, die ebenfalls kaum auszumachende Unterseite der heraldisch linken Helmdecken - all das ist Murks!

Wir sind uns ja eh einig, DASS es sich um Schwindelwappen handelt. Ich könnte mir denken, daß im "Bamberg-Wappen" just an den Stellen zusätzlich herummanipuliert wurde, die kaum erkenntlich sind. Zum Beispiel sind die Helmdecken auf der rechten Seite ja durchaus elaboriert - links aber eben überhaupt nicht…..

Die "Tiere" sind nach links gewandt, was ungewöhnlich - aber nicht "falsch" ist. Trotzdem könnte ich mir vorstellen, daß der Schwindler auch hier gepatzt hat - vielleicht hat er heraldische Courtoisie nicht verstanden oder wer weiß was….

[AvN]

Die fehlende Farbe im Bamberg-Wappen ist mir auch aufgefallen. Der "Heraldiker" wußte vielleicht, daß "Weiß" auch für "Silber" steht, also ließ er die silbernen Teile weiß. Warum er allerdings das Silber nicht verwendete, wo er doch den Helm auch silbrig ausmalte, das ist unlogisch. Ansonsten könnte es sein, daß jemand später die verblaßten Farben nachträglich mit frischen übermalte. Das war technisch dann aber gut ausgeführt.
Die Wappen entsprechen in keinster Weise den Namen, man hätte doch irgendwie "sprechende" Wappenbilder erwartet, also bei "Bamberg" vielleicht einen Berg oder etwas aus dem Stadtwappen der Stadt Bamberg, bei Grüneberg irgendwie auch etwas grünes.
Und dann sind gevierte oder gespaltene Wappen doch meist Wappen, die durch Vereinigung zweier älterer Wappen entstanden; diese älteren Wappen (also mit dem Stamm als Hauptbild und mit der Katze bei Bamberg) gibt es aber nicht. Somit wird hier eine Tradition vorgegaukelt, die es nie gab. Bei Grüneberg wirkt mir der Schmetterlingsfänger des Helmkleinods sehr einsam; diese Figur hätte ich eher auf dem Schild erwartet.

AvN