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Führungsberechtigung

Verfasst: 15.04.2015, 06:09
von Jochen
Das neue HEROLD-Jahrbuch (19. Band) ist erschienen.

Es enthält einen brillianten Aufsatz zur Führungsberechtigung von Martin Richau.

Man braucht schon die Bereitschaft, sich in juristische Sachverhalte (aber darum geht es nun einmal bei Berechtigungsfragen) einzulesen, aber ich versichere, es ist das beste, was ich bislang zu deutschem Wappenrecht gelesen habe.

Re: Führungsberechtigung

Verfasst: 15.04.2015, 15:11
von GM
Wie wär's mit einer kurzen Zusammenfassung - letzter Satz zuerst :wink: ?

Re: Führungsberechtigung

Verfasst: 15.04.2015, 17:04
von Jochen
Klar!

Ganz kurz und knapp:

Die Kernaussage ist: Frauen und Männer sind rechtlich absolut gleichberechtigt.

Das Wappen folgt immer, und ausschließlich über den Namensstamm.

Der Mannesstamm ist unerheblich, sofern der Name, der mit dem Wappen verbunden ist, nicht geführt wird.

Der Wappenstifter darf dies nicht durch eine Regelung in seiner Stiftungsverfügung „aushebeln“.

Ältere Verfügungen sind diesbezüglich nichtig und müssen umgedeutet werden.

Richau schließt eine gewohnheitsrechtliche Führung im Mannesstamme aus zwei Gründen aus:

1.weil ein Gewohnheitsrecht nicht nachweisbar ist.
2.zweitens weil, selbst wenn ein Gewohnheitsrecht bestanden haben sollte, es seit 1949 gegen das Grundgesetz verstoßen würde bzw. verstoßen hätte (gesetztes Recht bricht Gewohnheitsrecht).


HEROLD Jahrbuch Band 19, Seite 259, Zusammenfassung von Martin Richau, von mir sprachlich leicht modifiziert.

Re: Führungsberechtigung

Verfasst: 15.04.2015, 18:38
von Kaisertreuer
Sehe dies ebenso, siehe:
http://www.heraldik-wappen.de/viewtopic ... 623#p68623
Kaisertreuer hat geschrieben:
R1126 hat geschrieben:Ja, die Thematik "Was geschieht mit einem Wappen, wenn es nicht an Kinder weitergegeben wird?" ist interessant, aber sie trifft für jedes Wappen zu - immer. Auch ein Stifter mit Söhnen weiß nicht, ob sein Name mit Wappen die kommende Generation überlebt. Auch die Söhne können den Namen ihrer Frau annehmen oder gar kinderlos bleiben.

Wer ein Wappen stiftet tut es auch für sich selbst, nicht nur für seine Familie.

Viele Grüße

Ralf
In diesem Fall sollte man die Wappenstiftung auf alle Nachkommen des ältesten bekannten Vorfahrenen, dessen Namen man führt, und die ebenfalls noch den Namen führen, ausdehnen. Dann ist es ein Familienwappen, und wird auch gerne dort angenommen - wenn es gut ist. Die "Überlebenschancen" des Wappens steigen damit. ...
Die Familie definiert sich heute oft nur noch über den Familiennamen. Wenn man den "Namensstamm" (schönes Wort) vom Wappenstamm trennte nach "altem Gewohnheitsrecht", atomisierte dies die Familie auch in der Wappenführung. Wie anders ließen sich heute im Fall uneheliche Kinder, die entweder den Familiennamen der Mutter, oder des Vaters führen, sowie im Adoptionsfall, Familiennamen und -wappen zusammenhalten?
Namensstamm gleich Wappenstamm ist da die sauberste, logischste und einfachste Lösung.

Verzwickt wird es nur, wenn eine geschiedene Frau ihren angeheirateteten Namen behält und ihr neuer Ehemann übernimmt den gleichfalls, sowie die daraus entsprossenen Kindern. Das dürfte dann wohl kaum noch als Namensstamm definiert sein?
Was sagt Martin Richau dazu?

VG

Re: Führungsberechtigung

Verfasst: 15.04.2015, 18:46
von Markus
Ich habe den Aufsatz mit größtem Interesse gelesen und fühle mich in meiner Rechtsauffassung, die ich schon seit Jahren vertrete, vollumfänglich bestätigt. Leider gehöre auch ich zum Kreis der damals "unwissenden" Wappenstifter, die diese Mannesstammerklärung frag- u. klaglos unterschrieben haben. Ich überlege, ob ich dem Herold meine geänderte Auffassung mitteilen sollte.

Re: Führungsberechtigung

Verfasst: 15.04.2015, 18:54
von Kaisertreuer
Ich werde es auf jeden Fall tun.

Re: Führungsberechtigung

Verfasst: 15.04.2015, 19:56
von Jochen
Könnt Ihr machen, aber das müßt Ihr wahrscheinlich gar nicht, weil sich die Sache von selbst in Wohlgefallen auflöst....

Re: Führungsberechtigung

Verfasst: 15.04.2015, 19:58
von Jochen
Kaisertreuer hat geschrieben:S
Verzwickt wird es nur, wenn eine geschiedene Frau ihren angeheirateteten Namen behält und ihr neuer Ehemann übernimmt den gleichfalls, sowie die daraus entsprossenen Kindern. Das dürfte dann wohl kaum noch als Namensstamm definiert sein?
Was sagt Martin Richau dazu?
Dieses Problem wird zwar nicht konkret angesprochen, löst sich aber m.E. aus dem Begriff "Namensstamm" von selbst, denn diese Kinder trügen dann zwar den Namen, gehörten aber - mangels Abstammung vom Wappenstifter - oder eben auch der -Stifterin - nicht zum "Stamme".

Abstammung - ob genetisch oder über Adoption - scheint nach wie vor Voraussetzung zu sein, das biologische Geschlecht aber, das den Namen weiterträgt, wird zur Nebensache.

Re: Führungsberechtigung

Verfasst: 16.04.2015, 09:26
von GM
Danke für's kurze und prägnante Schlauermachen ! :D

Re: Führungsberechtigung

Verfasst: 16.04.2015, 09:36
von Jochen
Da nich füää.... :wink: :wink:

Re: Führungsberechtigung

Verfasst: 16.04.2015, 10:05
von Markus
Ich dachte, hier würde sich schnell eine Diskussion entspinnen, ich halte das für ein ausgesprochen wichtiges Thema innerhalb unserer Disziplin - vielleicht müssen es einige erst noch lesen.... 8)

Re: Führungsberechtigung

Verfasst: 16.04.2015, 10:15
von Jochen
Ich hab's auch im Forum der GwF eingestellt - bislang ist die Resonanz überall recht mau...

Vor allem von den Profis würde ich mir Anregungen wünschen.

Re: Führungsberechtigung

Verfasst: 16.04.2015, 11:25
von Claus J.Billet
Wichtiger noch wäre es die Stellungnahme der eintragenden "Heraldischen Vereine e. V." zu hören, bzw. zu lesen :?:

Re: Führungsberechtigung

Verfasst: 16.04.2015, 11:34
von Markus
Wohl wahr!

Re: Führungsberechtigung

Verfasst: 16.04.2015, 14:16
von Gerd
Ich finde schon dass das so richtig ist. Die Vorfahren meiner Familie hatten da keinen Unterschied gemacht zwischen Mann und Frau.
Solange der Name geführt wurde, wurde auch das Wappen geführt.