Vermeintliches Familienwappen aufgetaucht... Authentizität?

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Trauni
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Vermeintliches Familienwappen aufgetaucht... Authentizität?

Beitrag von Trauni » 02.01.2014, 18:06

Liebe Heraldik-Spezialisten,

ich beschäftige mich seit Kurzem mit Ahnenforschung (ich habe das gewissermaßen von meinem Opa geerbt) und bin in den Unterlagen auf ein Foto gestoßen, welches folgendes Wappen zeigt:

Bild

Das Wappen scheint auf eine Wand gemalt worden zu sein, wobei sich unterhalb des Wappens (im Internet nicht abgebildet) folgende Inschrift befindet: "Wappen der Familie K_R_A_N_I_T_Z_K_Y" (ich habe den Familiennamen aus Datenschutzgründen (vermutlich zwecklos) getrennt geschrieben.

Ich habe angefangen, mich in die Heraldik einzuarbeiten, aber festgestellt, dass es sich um eine ganze Wissenschaft handelt und wende mich nun mit folgenden Fragen an die Heraldik-Community:
  • Handelt es sich überhaupt um ein authentisches Wappen oder eine Fälschung? Sprich, wurden offensichtliche Fehler gemacht?

    Wo könnte dieses Foto entstanden sein?

    Wie sind die einzelnen Elemente zu deuten? Und geben sie Rückschlüsse auf die Familiengeschichte? (Schlagworte: Graudenz, Leipzig, Hutmachermeister, Schenkwirte) Der doppelschwänzige Löwe ist offensichtlich ein Böhmischer Löwe, was ja wiederum passt. Die Form der Helmkrone konnte ich nicht identifizieren. Die Schildform könnte Barock sein? Die bedeutung des Kranzes ist mir unklar... könnte es ein Wortspiel zu dem Familiennamen sein? Wurde so etwas gemacht?

    Aus welcher Zeit könnte das Wappen stammen? Geben Schildform, Farbgebung, Helmform,... Auskunft?
Für jegliche Hinweise und Ratschläge, wo ich in meinen Nachforschungen weiterkommen könnte, wäre ich Ihnen Allen sehr dankbar!

Herzlich
Christoph K

Joachim v. Roy
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Beitrag von Joachim v. Roy » 02.01.2014, 19:25

Bei dem in Rede stehenden Wappen dürfte es sich um eine relativ moderne, heraldisch wenig überzeugende „Eigenschöpfung“ handeln. Deutlich wird jedoch, daß der Stifter des Wappens - in einem von Rot über Silber (?) geteilten Schild - einen aufgerichteten doppelschwänzigen (nicht unbedingt „böhmischen“) goldenen L ö w e n ausweisen wollte, der einen grünen (Eichen-?, Lorbeer-?) K r a n z empor hält.

Das laienhaft gezeichnete Wappen der Familie K. (die poln. Schreibweise wäre „Kranicki“, nicht zu verwechseln mit den alten poln. Adelsgeschlechtern Granicki und Granecki) finde ich in keiner Wappenrolle. Hier scheint es bei dem fraglichen Entwurf geblieben zu sein. „Rückschlüsse“ auf die Familiengeschichte läßt das Wappen jedenfalls nicht zu.

Freundliche Grüße vom Rhein

Trauni
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Beitrag von Trauni » 02.01.2014, 19:38

Herzlichen Dank für die extrem schnelle Antwort!

So etwas in der Art hatte ich vermutet/befürchtet.

Wo kann man denn nachlesen, dass Kraniki die polnische Schreibweise ist? Oder ist das in Genealogie-Kreisen allgemein bekannt?

Joachim v. Roy
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Beitrag von Joachim v. Roy » 02.01.2014, 20:13

Träger des Namens K r a - n i c k i (sprich: Kra - nitzki) finden wir Westpreußen noch heute – nördlich von G r a u d e n z (poln.: Grudziądz) - im Raum Starogard Gdański (früher: Preußisch Stargard) sowie im Raum Tczew (früher: Dirschau), vgl. http://www.moikrewni.pl/mapa/kompletny/kranicki.html

MfG
Zuletzt geändert von Joachim v. Roy am 06.01.2014, 13:46, insgesamt 1-mal geändert.

Wappenkundler
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Beitrag von Wappenkundler » 03.01.2014, 13:29

Wappen sind Zeichen für die Ewigkeit

Trauni
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Beitrag von Trauni » 03.01.2014, 15:25

Danke für die Antwort!

Was heißt denn "Wieder einmal Coat of Arms?"
Wird man dort in der Regel fündig, wenn man Wappen sucht? Oder ist das eine Firma, die Familienwappen erstellt?
Ich bin mir sehr sicher, dass mein Großvater, der das Foto gemacht hat und 1995 verstorben ist, noch keinen Kontakt mit Coat of Arms hatte... oder gibt es diese Firma schon länger?

Aber ich muss schon zugeben die Ähnlichkeiten sind schon sehr offensichtlich. Heißt das nun, dass es sich bei dem Wappen um eine Auftragsarbeit, die eventuell noch mein Großvater veranlasst hat?

Ich wollte ohnehin fragen, wie man als Bürger an ein Wappen kam... Hat man das einfach in Auftrag geben können? Und zu welcher Zeit hat man das gemacht?

Wappenkundler
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Beitrag von Wappenkundler » 03.01.2014, 17:21

"Coat of Arms" = Amerikanischer Wappenschwindel.

P. S. Bei dem von Ihnen gezeigten Wappen stand das Wappen "Krantz" von Coat of Arms wohl Pate!
Wappen sind Zeichen für die Ewigkeit

Joachim v. Roy
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Wappenschwindel

Beitrag von Joachim v. Roy » 03.01.2014, 18:20

Hier, aus dem „Siebmacher“, wurde das Wappen der Adelsfamilie VON KRANTZ „abgekupfert“
http://www.wappenbuch.com/D104.htm

welches auch bei „Rietstap“ zu finden ist
http://www.notrefamille.com/v2/services ... nom=Krantz

MfG

chj
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Beitrag von chj » 03.01.2014, 21:03

Es weicht genug vom Original ab, um nicht als geklaut durchzufallen. Insofern kein Wappenschwindel, denn ähnlich darf ein Wappen durchaus sein.

Goldener Löwe auf teilweise silber aber ist eine miese Lösung. Wenn schon Inspiration bei vorhandenen Wappen gesucht wird, dann doch bitte eleganter. :roll:

Trauni
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Beitrag von Trauni » 05.01.2014, 09:59

Danke für die zusätzlichen Links! Speziell das Wappen der Familie Krantz aus dem Siebmacher ist ja komplett identisch! Als Laie würde ich hier von Wappenschwindel sprechen...

und ja, das mit Metall auf Metall war mir auch befremdlich... deshalb habe ich hier auch nachgefragt!

Und nun noch einmal zum Verständnis:
Es ist also wahrscheinlich, dass mein Großvater dieses Wappen irgendwann in den 80ern 90ern in Auftrag gegeben hat? Oder läuft das dann so, dass jemand an einen herantritt und ein "echtes" Wappen zum Kauf anbietet? Oder kann dies auch noch früher geschehen sein?

Joachim v. Roy
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Beitrag von Joachim v. Roy » 05.01.2014, 11:00

Hallo Christoph,

ich teile Ihre Auffassung, daß das von Ihnen vorgestellte Wappen 1 : 1 dem „Siebmacher“ entnommen wurde. Dabei hat man offensichtlich die genauen Farbangaben des „Siebmacher“ übersehen. Zu welchem Zeitpunkt der Wappenschwindel erfolgte, läßt sich nicht erkennen (das mag bereits um 1900 der Fall gewesen sein, als Wappenschwindler in ganz Deutschland in breitem Umfang tätig waren).
Ihr Familienname dürfte wohl in Zusammenhang mit den poln. Substantiven „kraniec“ (= der Rand, die Grenze, das äußerste Ende) bzw. „granica“ (= die Grenze, vgl. auch „granicznik“ = der Grenzstein) stehen. Dies könnte man bedenken, falls man ein eigenes Familienwappen stiften wollte (am besten mit dem Beistand eines ausgewiesenen Heraldikers, vgl. die Spalte „Partnerseiten“ rechts außen).

Freundliche Grüße vom Rhein

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