Hilfe, wer kennt dieses Wappen?

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jkoblitz
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Hilfe, wer kennt dieses Wappen?

Beitrag von jkoblitz » 26.10.2013, 13:30

Hallo,

in einem alten Buch von Johannes Kepler aus dem Jahr 1627 (Tabulae Rudolphinae) befindet sich ein Ex-libris, auf dem ein Wappen abgebildet ist. Leider habe ich im Internet keine passende Zuordnung finden können und ich bin auch kein Heraldik-Experte.
Ich vermute, dass es sich um ein Wappen aus dem deutschen Sprachraum handelt; aber mit Bestimmtheit kann ich es nicht sagen.

Wer kann weiterhelfen? Über Hinweise wäre ich sehr dankbar!

Bild[/url]

http://img4web.com/view/KJ3G5U

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Simplicius
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Beitrag von Simplicius » 27.10.2013, 14:53

Bei dem Wappen handelt es sich um das des Abtes des Klosters Einsiedeln (Kanton Schwyz, CH) Placidus Reimann. Der quadrierte Herzschild zeigt vom Betrachter aus oben links das eigentliche Abteiwappen, in Gold zwei schwarze Raben übereinander, womit letztendlich die Identifizierung erleichtert wurde. Den Herzschild allein zeigt übrigens eine schöne Wappenscheibe von 1636, - das eigentliche Symbol des Placidus Reimann befindet sich vom Beschauer aus oben rechts. Das erhellt sich leicht aus Vergleichen mit anderen Abtswappen wie dem seines Vorgängers Augustin Hofman, (Wappenscheibe von 1623, Abb. Mitte links).

Der Hauptschild auf dem eingangs gezeigten Exlibris gibt hingegen mehr Rätsel auf. Unten glaubt man den Fränkischen Rechen und die Staufischen bzw. Schwäbischen Löwen zu erkennen. Oben zeigt sich vorne ein Feld mit dem Welfenross, das inklusive der Balken mit Rautenkranz für das „sächsische Stammesherzogtum“ stehen könnte. Weiterhin fällt das Wappen von Hohenzollern-Sigmaringen auf.

Eine Beschreibung des Exlibris liefert das Buch Die Schweizerischen Bibliothekzeichen(ex-libris), 1898, unter der Nummer 570, Seite 68.

Der Hauptschild enthält also die Wappen der Stifter und Gönner des Klosters, die allesamt in vorheraldischer Zeit lebten, und dementsprechend im Nachhinein Wappen zugegedacht bekamen, die sie selber noch gar nicht führen konnten, wohl aber an zeitgenössische Entsprechungen der Entstehungszeit des Exlibris angelehnt sind. Besonderes Augenmerk gilt dem Wappen des Hl. Meinrad, von dem man glaubte, dass er aus der Familie der Zollern stammen würde:
[S.25] Da der Hl. Meinrad aus dem Saulgau (Süligowa) stammte, im Gebiet von Hohenzollern-Sigmaringen gelegen, nahm man seit dem 15.Jahrhundert an, zwischen den Zollern und dem Stamme, dem er entspross, bestünden verwandtschaftliche Bande, was sich nicht beweisen lässt. Mit der Ausbreitung der Heraldik erhielt Meginrat ein Wappen, das von den Hohenzollern abgeleitet ist. Selbst die protestantische Hauptlinie der Zollern sah St. Meinrad als einen der Ihren an.

Einsidlensia: Gnadenbild, Restaurierung der Stiftskirche, ältere Klosterbauten, Linus Birchler, 1993
Bleibt noch hinzuzusetzen, dass der Löwe mit der Säule in den Pranken im Wappen St. Meinrads im Hauptschild demnach redend für „Saulgau“ steht.

Grüße

jkoblitz
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Beitrag von jkoblitz » 27.10.2013, 18:33

Hallo Simplicius,

vielen Dank für die schnelle, sehr ausführliche und hilfreiche Antwort auf meine Frage. Das hätte ich ganz sicher auch durch intensivere Internetrecherche nicht herausgefunden. Super!

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