Dt. oder poln. Ursprung /Frhr. Dambrowka/ Oberschlesien

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Kleinschmid
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Dt. oder poln. Ursprung /Frhr. Dambrowka/ Oberschlesien

Beitrag von Kleinschmid » 31.01.2011, 10:22

Wie von rekem kürzlich angedeutet, gibt es in der polnischen Heraldik einen starken Drang, ausländische Wappen zu vereinnahmen und in das System der Wappengenossenschaften - mitunter auf Teufel komm raus - einzupassen. Zufälligerweise wurde ich kürzlich bei Wikipedia auf ein Wappen aufmerksam, das mich gleich an eine oberschlesische Adelsfamilie erinnerte. Die Freiherren von Dambrowka aus dem Krs. Rosenberg werden allg. der Wappengemeinschaft Znin bzw. Zeta zugerechnet (in Schwarz ein silberner Doppelhaken. Kleinod: auf dem ungekrönten Helme offener schwarzer Adlerflug). Als Quelle dafür gilt Okolski (Orbis Polonus ...Krakau, 1641-1645), der gewohnt nebulös die Geschichte einer Prinzessin und eines tapferen Ritter sowie eines Bischofs aus Litauen erzählt - später von Sinapius und Kneschke entspr. ins Deutsche übertragen. Ich vermute jedoch, daß die Dambrowka eher von der oberhessischen Familie Biedenfeld abstammen. Vielleicht kann mir bitte jemand bei der Beantwortung zweier Fragen behilflich sein:

1. Ist der einzelne Doppelhaken auf dem Schild eigentlich ein seltenes Symbol in der deutschen Heraldik?

2. Anbei drei Wappen
a. Dambrowka aus Oberschlesien http://img830.imageshack.us/img830/662/dambrowka.jpg
b. Biedenfeld aus Oberhessen http://img59.imageshack.us/img59/5546/biedenfeld.jpg
c. Wappen Zeta aus Lithauen, ca. 1400 http://img141.imageshack.us/img141/699/zetal.jpg

Der Haken Dambrowka ist spiegelverkehrt zu dem der Biedenfeld. Ist das zu tolerieren, oder ist es aus heraldischer Sicht damit eher unwahrscheinlich, daß die Dambrowka ursprünglich das Biedenfeld-Wappen führten?

Gast

Re: Dt. oder poln. Ursprung /Frhr. Dambrowka/ Oberschlesien

Beitrag von Gast » 31.01.2011, 11:02

Kleinschmid hat geschrieben:1. Ist der einzelne Doppelhaken auf dem Schild eigentlich ein seltenes Symbol in der deutschen Heraldik?
Es ist ein eher häufiges Wappenbild.
Bei mir mehr als 600 mal,
1 Doppelhaken mehr als 260,
1 # Doppelhaken bzw. ohne Farbe mehr als 130.
3. Der Haken Dambrowka ist spiegelverkehrt zu dem der Biedenfeld. Ist das zu tolerieren, oder ist es aus heraldischer Sicht damit eher unwahrscheinlich, daß die Dambrowka ursprünglich das Biedenfeld-Wappen führten?
Aus den o.g. vielfachen Vorkommen, aber vor allem aus genealogischen und geographischen Gründen halte ich diese Herkunft für vollkommen ausgeschlossen.

Siebmacher: Pommern und Schlesien:
Dambrowka, auch in poln.Schreibweis, auch Dubrowka, (D. gen. Jaschinski) In # ein s. Doppelhaken. (Okolski nennt die Figur 'Zeta')
also "Z", und so wird es auch manchmal blasoniert.
Einen herb Zeta gibt es aber nicht.

Ob sie wirklich Freiherren waren ? Durch wen ? Doch wohl nur durch den Kaiser ? In Wien jedenfalls nicht nachweisbar (s. Frank, Standeserhebungen...).

********************************************************
Für die Herkunft und Abstammung einer Adelsfamilie ist der Kneschke eine denkbar unzuverlässige Quelle, er schreibt von noch phantastischeren "Quellen" ab, die den potentiellen Käufern ihrer Werke "schmeichelten". Keine noch so blödsinnige Geschichte war ihnen zu unglaubwürdig, sie wurde eifrig abgedruckt - und wird noch heute immer wieder zitiert und erneut in Umlauf gebracht.

Man sollte im Kneschke alles vor 1750 schwärzen, z.B. durch die Gauck-Birthler-Behörde um Personal einzusparen.

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Rider
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Beitrag von Rider » 31.01.2011, 11:35

Siebmacher beschreibt das Wappen der "v. Biedenfeld" so:

"In Schwarz ein silbener Doppelhaken dessen Spitzen rechts nach oben, links nach unten gerichtet sind. Auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein schwarz gestulpter silberner Hut mit geschlossenem schwarzen Flug, belegt mit dem Doppelhaken aus dem Schild".

Der "Doppelhaken" also genauso wie von Ihnen eingestellt:

Bild
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Barolo1644
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Beitrag von Barolo1644 » 31.01.2011, 12:24

@rekem

Zitat: Ob sie wirklich Freiherren waren ? Durch wen ? Doch wohl nur durch den Kaiser ? In Wien jedenfalls nicht nachweisbar (s. Frank, Standeserhebungen...).

Vorsicht, nicht alle Standeserhöhungen sind im Frank verzeichnet, eine Verleihung eines Ladesadels, wie z.B. des böhmischen fehlt hier.

Wie der Name sagt: Standeserhebungen und Gnadenakte für das Deutsche Reich und die österreichischen Erblande bis 1806.

Also nur Reichsadel und österreichischer erbländischer Adel sind enthalten.

Gast

Beitrag von Gast » 31.01.2011, 13:26

Barolo1644 hat geschrieben: Vorsicht, nicht alle Standeserhöhungen sind im Frank verzeichnet, eine Verleihung eines Landesadels, wie z.B. des böhmischen fehlt hier.
Danke.

Da viele Mehrfach-Erhebungen hatten (böhm. erbl. und reichs. ...) sind sie oft doch enthalten (quasi indirekt).

Wo findet man die andern, zB. die Böhmen ?
Wurden diese nicht in Wien verwaltet/gelagert ?
Gibt es Veröffentlichungen ?

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Rider
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Beitrag von Rider » 31.01.2011, 13:38

Gruß vom Rider

Kleinschmid
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Beitrag von Kleinschmid » 31.01.2011, 13:57

Besten Dank für die bisherige Hilfestellung!

Geographisch nimmt sich das nicht viel. Wilna-Rosenberg ~ Oberhessen-Rosenberg.
Bisher finde ich in der poln. Adelsliteratur nur eine Familie Mołochowiec h. Znin, die 1764 u. 1825 Erwähnung fand. Die Dambrowka lassen sich hingegen urkundlich bereits 1389 in Mähren u. 1446 in Oberschlesien nachweisen.

Der aus Österreich stammende Adelsexperte Prof.Dr. Igálffy v. Igály schreibt übrigens: "Meiner Ansicht nach handelt es sich hier nur um eine einzige Fam., die unter mehreren Namen erscheint u. nicht aus Polen stammt."

Wieso gab es kein Zeta? Okolski bez. das Z als Zeta und das S als Znin (Bd. 3, S. 342f.). Auch Sinapius erwähnt Zeta (Bd. 2, S. 327)

Freiherr
In Schlesien brauchte es in böhmischer Zeit nicht zwingend eine kaiserlich/königliche Bestätigung für das Führen des Freiherrentitels. Das war eine Standeserhhöhung eo ipso, wenn eine gräflich. oder fhrl. Verwandtschaft über mehrere Generationen bestand. Die Titel wurden von keiner Seite beanstandet. So siegelt Hptm. Freiherr v. Dambrowka in der Musterliste des Inf.Rgt. 49 vom 14.8.1786 (Heeresarchiv Wien) oder der schles. Chronist Lucae führt die Fam. bereits im 17. Jhd. unter den Freiherren. Gilt z.B. auch für die Kittlitz o. Czygan.

Frank ist für Schlesien nur sehr eingeschränkt gültig - siehe Vorwort betref. Böhmen. Brauchbare Ergänzung: Dobrá Voda, Der Adel v. Böhmen, Mähren u. Schlesien und natürlich die Werke von Pilnáček.

Gast

Beitrag von Gast » 31.01.2011, 14:02

Vielen Dank, hatte vergessen, daß ich das schon mal bearbeitet, in ein doc verwandelt, korrigiert und in meine Datenbank eingepflegt hatte, weshalb ich sie auch nicht gefunden habe !

Die Dambrowka sind in keiner Schreibweise darin enthalten.
Für den Frölichsthal 19.+20,Jh) sind sie zu früh ausgestorben.

Wo also kommt der Freiherr her ?

Barolo1644
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Beitrag von Barolo1644 » 31.01.2011, 14:53

die Adelsakten zum böhmischen Adel liegen seit dem Ende der Monarchie im Prager Staatsarchiv.

der Vollständigkeit halber sei auch der Clauser nicht unerwähnt, allerdings
scheinen hier nur die neugeadelten Familien auf.

Vermehrt- und verbessertes Verzeichniß Derjenigen Geadelten Personen, Welche Theils zufolge deren von Ihro Kais. Königl. Majestät allergnädigst ertheilten Majestäts-Briefen, Theils mittelst verschiedener allermildesten Begnadungen Von 1591, bis auf das 1765te Jahr In den Adel-Stand Des Königreichs Böheim Nach Ausweis der Königlichen Land-Tafel erhoben worden seynd.

Prag, Gedruckt beym Johann Joseph Clauser, Königl. Hofbuchdruckern 1766

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Rider
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Beitrag von Rider » 31.01.2011, 15:16

rekem hat geschrieben:
Wo also kommt der Freiherr her ?
Johann Friedrich Gauhe schreibt in seinem Werk "Des Heil. Röm. Reichs Genealogisch-Historisches Adels-Lexikon"

Zitat: "Dambrowka, ehemalige Freyherlliche Familie in Schlesien, so aus Pohlen abgestammet, ...... Sie führen im schwartzen Schilde den silbernen Buchstaben Z, und ist deren Wappen von derer Dambrowska in Pohlen ihrem unterschieden."

Und auch der Siebmacher gibt im Band Schlesien ein Freiherrliches Wappen für die Dambrowka, genannt Jaschinski, wieder.
Gruß vom Rider

Gast

Re: Dt. oder poln. Ursprung /Frhr. Dambrowka/ Oberschlesien

Beitrag von Gast » 31.01.2011, 16:12

Kleinschmid hat geschrieben:Wie von rekem kürzlich angedeutet, gibt es in der polnischen Heraldik einen starken Drang, ausländische Wappen zu vereinnahmen und in das System der Wappengenossenschaften - mitunter auf Teufel komm raus - einzupassen.
Pardon, das habe aber ich postuliert...

Eine Anmerkung zu den hübschen Herkunftslegenden der polnischen Wappen und -Clans:
Natürlich sind diese nicht im historischen Sinne ernst zu nehmen. Es sind und bleiben Legenden. Dennoch sollte man nicht unterschätzen, daß diese Legenden einen festen (oder auch variablen) Bestandteil der Wappentraditionen bildeten. Sie gehörten wie ein schmückendes Beiwerk dazu und konnten mit dramatischer Geste erzählt und weiter ausgebaut werden. Damit wurde Identität und Gemeinschaftsgefühl gestiftet, was allemal wichtiger war als jede geschichtliche Genauigkeit. Jedes Wappen in Polen hat/hatte eine solche Legende.

Gast

Beitrag von Gast » 31.01.2011, 17:22

Kleinschmid hat geschrieben:Geographisch nimmt sich das nicht viel. Wilna-Rosenberg ~ Oberhessen-Rosenberg.
Welche anderen (ober)hessischen Adels-Familien ließen sich vor 1400 in Mähren und Oberschlesien besitzlich nieder ?

Ist es nur das Wappen ?
Der Biedenfeldsche Doppelhaken ist übrigens meist liegend (StW?, GHdA), manchmal schräg und nur manchmal stehend dargestellt.
Welche Haken-Position haben wir bei den Biedenfeld vor 1400 ?
Der aus Österreich stammende Adelsexperte Prof.Dr. Igálffy v. Igály schreibt übrigens: "Meiner Ansicht nach handelt es sich hier nur um eine einzige Fam., die unter mehreren Namen erscheint u. nicht aus Polen stammt."
Aber war sie deutsch ?
Kneschke: niederländisch->preussisch->schlesisch.

Welche Vornamen hatten die ersten Dambrowkas und welche Vornamen haben wir zeitgleich bei den Biedenfelds ?
Bisher finde ich in der poln. Adelsliteratur nur eine Familie Mołochowiec h. Znin, die 1764 u. 1825 Erwähnung fand. Die Dambrowka lassen sich hingegen urkundlich bereits 1389 in Mähren u. 1446 in Oberschlesien nachweisen. ...
Wieso gab es kein Zeta? Okolski bez. das Z als Zeta und das S als Znin (Bd. 3, S. 342f.). Auch Sinapius erwähnt Zeta (Bd. 2, S. 327)
In welcher herb-Liste finden wir Zeta ?
Okolski nennt d. Figur 'Zeta', sagt er auch, daß das ein herb sei ?
Freiherr.
In Schlesien brauchte es in böhmischer Zeit nicht zwingend eine kaiserlich/königliche Bestätigung für das Führen des Freiherrentitels. Das war eine Standeserhhöhung eo ipso, wenn eine gräflich. oder fhrl. Verwandtschaft über mehrere Generationen bestand.
Gibt es dazu Erlaße ?
In Preußen z.B. gab es für solche Fälle mehrere Arten von "Genehmigung" aufgrund verschiedenartiger Vorgänge.

Kleinschmid
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Beitrag von Kleinschmid » 31.01.2011, 19:28

@rekem
Wunderbar!
Bemerken Sie die unterschiedliche Herangehensweise? Ein Bischof in Litauen malte irgendwo ein 'Z' hin und mehrere hundert km entfernt siegelt ein Adliger in Mähren/Schlesien mit einem 'Z'. Was sagen unsere poln. Freunde dazu: "Prima! - Da gründen wir doch direkt einen neuen Clan und nennen den Zeta/Znin"
Wenn hingegen in Oberhessen eine Familie vom Symbol und den Farben auf dem Schild das gleiche Wappen führt wie in Schlesien, heißt es bei uns: "Unwahrscheinlich, liegen gleiche Vornamen vor, gibt es andere hessische Familien in OS? usw. ".

Ich hatte eigentlich nur die wunderbare Seite von Herrn v. Randow besucht (http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_deut ... %E2%80%93M) wobei mir eben dieses Biedenfeld-Wappen auffiel. Nun erfahre ich von Ihnen, daß es sehr viele 'Haken'-Wappen gibt. Ich vermute, Sie besitzen eine Datenbank o.ä. wie Herr Pfeiffer? Können Sie mir dann bitte sagen, ob es weitere mit einem silbernen Einzelhaken auf sw. Schild gibt oder nur Biedenfeld?

Sinapius schreibt nicht Herb, sondern 'Haus' - aus dem Hause Doliwa usw., hier schreibt er eben "...darinnen Jacobus aus dem Hause Zeta...". Aber Znin war später und auch heute gebräuchlicher. Selbst das 'S' läuft unter Znin.

Nein, da gab es wohl keinen Erlaß. Wenn es eine alte Familie war, aus der mehrere bedeutende Vertreter als Landrechtsbeisitzer usw. im Fü. O-R hervorgingen und eben Verwandtschaft mit gräfl. o. fhrl. Familien vorlag, führte sie den Freiherrentitel. Die Dambrowka waren Protestanten, einige studierten in Frankfurt und Straßburg - womöglich bemühten sie sich deshalb nicht um eine Habsburger Diplombestätigung.

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