Faden zu einem Familienwappen - Fragen über Fragen

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Christian Besserer
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Faden zu einem Familienwappen - Fragen über Fragen

Beitrag von Christian Besserer » 04.01.2011, 20:49

Wenn ich darf, so möchte ich mit mir selbst beginnen:
Mein Name ist Christian Besserer und aktuell studiere ich Staatswissenschaften.

Seit geraumer Zeit denke ich darüber nach, ein Wappen zu erstellen. "Schablonen und Vorlagen findet man ja zu Hauf im Netz, Regeln kann man nachlesen" dachte ich zu Beginn - nun, mit der Zeit begriff ich, dass doch wesentlich mehr dazugehört.
So bin ich hier gelandet, in der Hoffnung, dass mich eure Kompetenz weiterträgt, ich Antworten und Anregungen finde.

___ ___

Bisher habe ich noch keinen Entwurf der es verdiente öffentlich gemacht zu werden, allerdings ein paar Ideen.

Wappentier
Mir schwebt als Wappentier ein Greif oder ein Adler vor: Wesen mit denen meine Verlobte und ich uns identifizieren können (Wir sind bekennende Christen und Intelligenz & Wachsamkeit sind Attribute mit denen man sich ja gerne schmückt :wink: )
Unschlüssig bin ich jedoch ob ich den Greif als Wappentier oder Schildhalter möchte.


redendes Wappen
Wie bereits erwähnt, heiße ich Besserer - ein schöner Name, jedoch habe ich nicht die Geringste Idee, wie man das umsetzten könnte.

Stil
Auch habe ich keinen blassen Schimmer in welchem epochalen Stil ich das Wappen zu gestalten habe.

___ ___

So. Genug für den Anfang...

Schon jetzt vielen Dank für eure Beiträge!


Chris

Irmgard
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Beitrag von Irmgard » 04.01.2011, 21:31

Die Besserer sind ein altes Geschlecht aus dem Raum Ulm.

Besserer/ Passerer heißt aus dem Bairischen übersetzt : Scharfrichter

netten Gruß,
Irmgard

Christian Besserer
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Beitrag von Christian Besserer » 04.01.2011, 21:39

Vielen Dank Irmgard,

schwäbische Abstammung war mir bekannt, jetzt also Klarheit und endlich eine Erklärung für meinen Namen!

Scharfrichter - damit lässt sich doch etwas Anfangen...


Danke!

Joachim v. Roy
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Beitrag von Joachim v. Roy » 04.01.2011, 22:03

Der "Scharfrichter" scheint mir doch etwas weit hergeholt zu sein.

Hans Bahlow (Deutsches Namenlexikon, Frankfurt a.M. 1972, S. 58) leitet den Familiennamen BESSER (auch: BESSERER), der in Württemberg oft anzutreffen sei, von dem mittelhochdeutschen Wort "besserer" = "Einzieher von Bußgeldern" her. Bahlow verweist in diesem Zusammenhang auf einen JÖRG BESSERER, der 1212 in Ulm erscheint.


Freundliche Grüße vom Rhein

Christian Besserer
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Beitrag von Christian Besserer » 04.01.2011, 22:18

"Steuer"eintreiber oder Scharfrichter - zumindest ein Diener des Gesetzes...

Vielen Dank Herr von Roy

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R1126
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Beitrag von R1126 » 04.01.2011, 22:26

Der Duden Familiennamen (Mannheim 2005) folgt Hans Bahlow:
"Besserer: Amtsname zu mittelhochdeutsch "bezzern" büßen, eine Strafe zahlen - für den Beamten, der die vom Gericht verhängten Geldbußen einzuziehen hatte."

Hier böte sich vielleicht eine Geldkatze (Geldsäckchen am Gütel getragen) mit Münzen an.

Viele Grüße

Ralf
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Christian Besserer
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Beitrag von Christian Besserer » 04.01.2011, 22:37

Mit der Geldkatze meinen Sie einen Geldbeutel wie hier auf dem Wappen der Pfalz GmbH zu sehen?

http://www.familie-greve.de/modules.php ... wid=102081


Die Idee gefällt mir - Also wieder ans Reissbrett und Gedanken über die Aufteilung machen...

Vielen Dank!

Irmgard
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Beitrag von Irmgard » 04.01.2011, 22:54

Zu den direkten Aufgaben des Scharfrichters gehörte die eigentliche Hinrichtung und die Folter zur Geständniserzwingung als Teil des Gerichtsverfahrens. Auch für die Durchführung von Körper- und Ehrenstrafen war er zuständig. Daneben musste er auch oft weitere unangenehme und geächtete Aufgaben übernehmen − z. B. die Kloakenreinigung, das Abschneiden und das Bestatten von Selbstmördern oder die Aufsicht über die Prostituierten. Oft wurde das Amt des Henkers aus praktischen Gründen mit dem des Abdeckers (andere Bezeichnungen sind Schinder, Racker oder Wasenmeister) zusammengelegt: Die Tierkörperverwertung sorgte für das finanzielle Auskommen des Scharfrichters, und die Abdecker-Gehilfen konnten bei einer Hinrichtung assistieren (Henkersknechte).
Q: Auszug Wikipedia

Als Besserer zog der Amtmann auch die Ehrenstrafen von Huren ein. Es war um 1250 als sein Amt eine Verschärfung erfuhr aus dem der heutige Begriff des Scharfrichters wurde.
Die Namenträger Besserer waren zu dieser Zeit bereits angesehene (reiche) Amtmänner, Edelleute und Militärangehörige und sicher keine Scharfrichter im Sinne des Henkers.

Der Ort Schnürpflingen wird im Jahre 1260 geschichtlich gesichert erwähnt. Der damalige Herr von Schnürpflingen, Otto Besserer, Sohn des Ulmer Stadtrechners Heinrich Besserer, soll der Stifter der Kirche von Schnürpflingen gewesen sein. Der Herr von Besserer war einer jener Edelleute, die innerhalb einer Grafschaft einen Herrensitz mit dem dazugehörigen Dort als freies Lehen hatten. Solche Ritter standen in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Grafen. Das Schloss der Besserer stand auf dem Platz des früheren Bräuhauses. So unterstand also Schnürpflingen der Grafschaft Kirchberg und war in der Folgezeit mit deren Schicksal auf das Engste verbunden. Auch Schnürpflingen ging demnach den Weg über die Grafen von Kirchberg, der Herzöge von Bayern und damit der zeitweisen Eingliederung in den vorderösterreichischen Landesverband bis zum Erwerb der Grafschaft durch das Augsburger Handelsgeschlecht der Fugger (1507).
Zitat aus http://www.mvharmonie.de/schnuerpflingen.htm

Christian Besserer
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Beitrag von Christian Besserer » 05.01.2011, 11:26

WOW!

Das ist wirklich ausführlich! Leider kann ich meine Familie gerade einmal über 5 Generationen (ohne mich) verfolgen. Aber immerhin hat man jetzt eine Vorstellung dessen, was gewesen sein könnte!
Nocheinmal vielen vielen Dank für so viele Infos!

Bei meiner Mutter hingegen konnte ich mehr ausfindig machen:
Über ihre Linie stößt man auf ein Raubrittergeschlecht heess/heeß/hess.

___ ___


Im Moment grüble ich über ein dreigeteiltes Wappen:

das untere Drittel waagrecht mit einem Blattschnitt vom Rest des Wappens getrennt, darauf zu sehen besagtes Geldkätzchen, die oberen Fläche geteilt (hochkant) auf der linken ein Greif, auf der Rechten ein Kreuz.

Verletze ich mit dem Hochkantschnitt der aus einem Blattschnitt (sozusagen) hervorwächst eine heraldische Regel?

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R1126
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Beitrag von R1126 » 05.01.2011, 20:57

Christian Besserer hat geschrieben:Mit der Geldkatze meinen Sie einen Geldbeutel wie hier auf dem Wappen der Pfalz GmbH zu sehen?

http://www.familie-greve.de/modules.php ... wid=102081


Die Idee gefällt mir - Also wieder ans Reissbrett und Gedanken über die Aufteilung machen...

Vielen Dank!
Ja, so etwa. Ich würde darüber oder daraus hervokommend eben noch Münzen (=goldene Scheiben) anordnen. Vielleicht kann man etwa drei Münzen auf dem Schild zeigen, die groß genug sind, dass auf ihnen ein typisches Symbol für den Herkunftsort Ihrer Familie zu sehen ist. Mir würde am besten gefallen, drei Münzen waagrecht am oberen Schildrand (im Schildhaupt) über einer Geldkatze anzuordnen - und die Münzen zeigen eben noch ein Symbol.

Was hat es denn mit dem Greifen und dem Kreuz auf sich, das Sie genannt haben?

Viele Grüße

Ralf
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Christian Besserer
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Beitrag von Christian Besserer » 06.01.2011, 11:57

Guten Morgen Ralf,


Der Greif ist ein Wesen, dass sowohl im Himmel als auch auf der Erde zuhause ist. Sozusagen eine Verbindung dieser zwei Welten - Genau wie Christus. Ein vorrausschauendes, intelligentes Wesen.
Erst denken - dann handeln.
Der Greif hat Klauen und einen Hack-Schnabel - Er weiß sich definitiv zu verteidigen, hat Kraft - auch um anzugreifen.

In dieser Beschreibung fühle ich mich "aufgehoben", damit kann ich mich identifizieren, und nicht nur ich - auch meine Verlobte spiegelt es wieder.

Das Kreuz als Symbol meiner geistlichen Heimat, und meines Bezugspunktes im Alltag. Der Gottesbezug meines Lebens auf meinem Wappen. (Nur weiß ich noch nicht ganz für welches Kreuz ich mich entscheiden werde - vielleicht ein Katharer-Kreuz?)

___ ___

Die Idee mit den Münzen finde ich im Übrigen sehr schön - mir stellt sich nur die Frage, ob ich wenn ich mich beim Metall für Silber entscheide goldene Münzen wählen kann, ohne gegen Regeln zu verstoßen? Notfalls müssen die Münzen "Silbertaler" sein...

DocM
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Beitrag von DocM » 06.01.2011, 13:44

Das Kreuz der Katharer wird teilweise mit 3 Scheiben an den äusseren Ecken gezeichnet. Da das "Münz"Symbol schon im Kreuz mit dabei!

Irmgard
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Beitrag von Irmgard » 06.01.2011, 14:13

welchen Bezug soll das Kreuz der Katharer denn wohl zur Familie haben? Sie waren Katholiken und keine Ketzer, wenn man sich auf den Amtmann Besserer aus Ulm bezieht.

Wenn es nur darum geht den Begriff bildlich darzustellen, dann ist das gebräuchliche Mittel zum Bessern eine Peitsche.
Münzen sollten dem Münzer vorbehalten sein und wenn schon Religion, dann das passende Kreuz.
Verklausulierte und zuviele Symbolfiguren werden leicht mißverstanden und machen ein redendes Wappen wirr. Ganz abgesehen davon sind diese Kleinigkeiten auf einem Ring oder Siegel später kaum zu erkennen.

Wie bei allen zeitlosen Dingen liegt die Eleganz in der Beschränkung und Klarheit.

Christian Besserer
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Beitrag von Christian Besserer » 06.01.2011, 19:18

Das Kreuz der Katharer rührt daher, da wir heute keine Katholiken mehr sind, sondern einer freien christlichen Gemeinde zugehören. Ihr Einwand jedoch, Irmgard, ergibt trotzdem Sinn - Es ist wohl dienlicher wenn man, um eine Überladung des Wappens zu vermeiden, auf ein schlichtes Christuskreuz zurückgreift. Bleibt nur zu überlegen wie stark das Kreuz sein sollte.

Auch die Idee mit der Peitsche klingt Schlüssig - jedoch habe ich noch noch keine Ideen zur Gestaltung. Bisweilen sah ich gekreuzte und neunschwänzige Peitschen oder allerdings Personen die sie in den Händen hielten.

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Jochen
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Beitrag von Jochen » 06.01.2011, 19:55

Ich möchte nicht despektierlich erscheinen.

Aber ein Wappen sollte ein unverwechselbares Familiensymbol und nicht einfach ein Agglomerat von Gemeinplätzen darstellen, mögen sie auch noch so ehrbar motiviert sein.

Christliche Symbole werden "immer gerne genommen", aber die heraldische Landschaft wimmelt nur so von Kreuzen und Heiligensymbolen.

Und um es einmal politisch unkorrekt auszudrücken: Das Wappen ist kein Glaubensbekenntnis!

Den elegantesten Ansatz fände ich wirklich, vom Wortlaut oder hier wahrscheinlich vernünftiger: von der Etymologie des Namens auszugehen und dann mit so wenigen zusätzlichen Symbolen wie irgend möglich auszukommen.
Ne suy plus vil que les aultres

jochen

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