Fragen zur Wappengestaltung

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M. Waas
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Beitrag von M. Waas » 21.06.2006, 11:25

@ Kai Vogelpohl

Das ist kein rein deutsches Phänomen. Die Unstimmigkeiten der Regeln gibt es auch in England.
Der Unterschied ist nur, daß man in England darüber diskutieren kann, während hier in Deutschland jede Diskussion mit einem Hinweis auf ein bestimmtes Buch abgewürgt wird. :lol:
Dabei sind diese Diskussionen meist so notwendig wie ein Kropf.[/quote]

Kai Vogelpohl
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Beitrag von Kai Vogelpohl » 21.06.2006, 12:43

Hallo Herr Waas,
Das ist kein rein deutsches Phänomen. Die Unstimmigkeiten der Regeln gibt es auch in England.
Die wird es sicherlich auch in anderen Ländern geben. Nur dort gibt es Regeln, die habe ich bisher bei uns aber noch nicht gesehen. Zumindest keine die von allen anerkannt werden.

Welches "Stadardwerk" kann angewendet werden. Die Wappenfiebel, Einführung in die Heraldik etc. Manche Heraldiker hier im Forum nehmen keines, da es auch hier immer wieder Ausnahmen gegeben hat.

Ich bleibe dabei, eine Zentrale Instanz die zentrale Regeln erlässt würde auch diese Unstimmigkeiten klären. Natürlich werden auch hier die Regeln auslegbar sein, beispielsweise die "Ein Wappen muss an einem Mittelalterlichen Ritter" vorstellbar sein. Ein Wappenzelt ist sicherlich nicht an einem Ritter vorstellbar, jedoch auch erlaubt (wenn auch nur bei einigen Heraldikern erst ab einem bestimmten Adelsrang).

Leider sind nicht alle Menschen mit einem so weiten Geschichts und Heraldikwissen gesegnet wie viele Heraldiker hier im Forum. So das sie auch diese Streitfragen ohne Zuhilfenahme von Büchern ausdiskutieren können.

Gruss
Kai Vogelpohl

moustache
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Beitrag von moustache » 21.06.2006, 13:31

:D ...tag zusammen, ist es nicht auch so, falls wir uns, wenn auch nur vereinzelt mit einem Wappen schmücken das nur aus dem Schild besteht, daß die vielfältigen Möglichkeiten die das Oberwappen bietet um
Unterschiede bei den Wappen ( Familien), darzustellen, ganz erheblich eingeschränkt sind ?
Schreibt nicht Neubecker daß bei der modernen Wappengestaltung gerade auf das Oberwappen so viel Wert gelegt wird, weil es die Einzigartigkeit, die Erkannbarkeit im Zusammenspiel mit dem Schild hervorhebt?
Schließlich will doch jeder Stifter ein Unikat :wink:
gruß moustache
have a nice day

gruß moustache

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M. Waas
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Beitrag von M. Waas » 21.06.2006, 16:21

@ Kai Vogelpohl

Es gibt nirgendwo auf der Welt eine zentrale Instanz im Wappenwesen. Selbst in England oder Kanada sind die Regeln sehr flexibel, bzw. werden den Erfordernissen angepaßt.
Diese Neuerungen dringen nur nicht nach Deutschland durch und deshalb werden diese Länder immer als Hort der gelenkten Heraldik angesehen.
In den letzten zwei Jahren hat es dort viele Änderungen gegeben
- es sind neue heraldische Farben hinzugekommen (z.B. Rosé, Kupfer, Regenbogen)
- es braucht nicht immer ein heraldischer Helm auf dem Schild zu sein (In Kanada wurde z.B. ein Makabäer-Helm genehmigt)
- es sind neue Elemente als gemeine Figuren zugelassen worden.
Das ist nicht durch irgendeinen einsamen Beschluß des Garters zustande gekommen, sondern irgendein Herald oder Pursivant hat so ein Wappen entworfen und den Entwurf durchgedrückt.
Die heraldischen Regeln sind dort auch nicht schriftlich fixiert - genausowenig wie dort ein Strafgesetzbuch existiert. Es wird immer nach Aktenlage bzw. nach bereits genehmigten Wappen (Urteilen) entschieden.

Die meisten Standardwerke der Heraldik sind in Deutschland erst nach 1918, oder sogar erst nach 1950 erschienen. Da gab es keine offizielle Instanz mehr, die sagen konnte "Jungens was erzählt ihr da alle für´n Sch...!" 8)
Entweder ich halte mich als Heraldiker an die Bestimmungen, von vor 1918, als es noch Heroldsämter gab; oder ich halte mich an die private Meinung und Statuten von Vereinen.
Um ein Beispiel zu nennen, der HEROLD hat in den 90er Jahren Richtlinien für den Blason von Wappen herausgebracht. Das Dumme ist nur, daß sich nicht mal die Mitglieder des Vereins daran halten. In der DWR wird immer noch munter Prosa geschrieben. :D

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Claus J.Billet
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hm...

Beitrag von Claus J.Billet » 21.06.2006, 16:34

Genau so isses :!: :cry:

Zitat:
...Entweder ich halte mich als Heraldiker an die Bestimmungen, von vor 1918, als es noch Heroldsämter gab; oder ich halte mich an die private Meinung und Statuten von Vereinen.

Daher halte ich mich daran :!: :lol:

dbay

Beitrag von dbay » 21.06.2006, 17:05

Guten Tag,

die unterschiedlichen Ansichten in diesem Thread finde ich sehr informativ und anregend. Deshalb hier meine Meinung als Laie und »Konsument«:

Traditionen zu bewahren und zu pflegen ist sicher eine starke Triebfeder wenn es um Wappen geht. Meine Motivation zur Stiftung eines Familienwappens ist aber das Begründen einer Tradition, die meine Kinder und vielleicht Enkel, meine Brüder und auch deren Kinder weiterführen können. Aus diesem Blickwinkel ist es mir sehr wichtig, dass das Wappen authentisch ist und zwar auch zur Epoche, in der es entstand. Ein gutes altes Wappen kann man eben auch daran erkennen ob man sieht, dass es aus der Gotik oder der Renaissance stammt. Warum soll dann nicht auch unsere Zeit ablesbar sein.

Ein Regelwerk, dass sich in der Geschichte gründet aber die Gegenwart nicht ausblendet wäre dabei sicher hilfreich.

Letztlich entscheidet dann die Qualität der grafischen Umsetzung, ob es mit den historischen Vorbildern mithalten kann. Das ausschließliche Wiederholen mittelalterlicher Symbolik kann unsere Zeit nur bedingt darstellen und führt langfristig in eine Sackgasse.

Mir freundlichen Grüßen

A.Lenz
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Beitrag von A.Lenz » 21.06.2006, 17:17

dbay hat geschrieben: Meine Motivation zur Stiftung eines Familienwappens ist aber das Begründen einer Tradition, die meine Kinder und vielleicht Enkel, meine Brüder und auch deren Kinder weiterführen können. Aus diesem Blickwinkel ist es mir sehr wichtig, dass das Wappen authentisch ist und zwar auch zur Epoche, in der es entstand. Ein gutes altes Wappen kann man eben auch daran erkennen ob man sieht, dass es aus der Gotik oder der Renaissance stammt. Warum soll dann nicht auch unsere Zeit ablesbar sein.
Was genau meinen Sie, wenn Sie schreiben: "Warum soll dann nicht auch unsere Zeit ablesbar sein", oder "...dass das Wappen authentisch ist und zwar auch zur Epoche, in der es entstand."

Eine Konkretisierung Ihrer Darlegungen wäre hier hilfreich.

Mit freundlichem Gruß

A.Lenz

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M. Waas
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Beitrag von M. Waas » 21.06.2006, 17:34

@ dbay

Die Antwort darauf ist ganz einfach. Es ist genau definiert was ein Wappen ist und nur solche fallen auch unter den Schutz des BGB. Das ist auch durch Urteile verschiedener Gerichte bestätigt.
Wenn Ihr Wappen nicht diesen Vorgaben entspricht, dann ist es auch kein Wappen, sondern ein Logo oder eine Marke. Diese müßten Sie dann vom Patentamt schützen lassen.
Das hat mit modern oder mittelalterlich nichts zu tun, sondern es ist eine Vorgabe, daß ein deutsches Familienwappen aus den Bestandteilen, Ober- und Unterwappen (Helmzier und Schild), Helm und Helmdecke zu bestehen hat.

A.Lenz
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Beitrag von A.Lenz » 21.06.2006, 18:01

M. Waas hat geschrieben:@ dbay

Es ist genau definiert was ein Wappen ist und nur solche fallen auch unter den Schutz des BGB. Das ist auch durch Urteile verschiedener Gerichte bestätigt.
Der BGH hat in seinem Urteil v. 28.03.02, u. a. folgendes festgehalten:

"Wappen müssen individualisierte Unterscheidungsmerkmale aufweisen und damit zur namensmäßigen Kennzeichnung geeignet erscheinen".

Die Definition eines "Wappens", wurde dabei außen vor gelassen. Wer entscheidet nun was ein Wappen eigentlich ist? Doch bestenfalls die heraldischen Vereine.

Mit freundlichem Gruß

A.Lenz

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