Fragen zur Wappengestaltung

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dbay

Fragen zur Wappengestaltung

Beitrag von dbay » 20.06.2006, 10:37

Guten Tag,

ich beschäftige mich mit der Gestaltung eines eigenen Familienwappens und studiere interessiert die Beiträge rund um das heraldisch korrekte Gestalten.
Für mich war bisher ein Wappen gleichbedeutend mit dem Wappenschild. Mir fällt nun aber auf, dass ein sehr großer Aufwand für die Gestaltung weiterer Elemente wie Helm, Helmdecke oder Helmzier betrieben wird. Sind diese Dinge unbedingter Bestandteil eines Wappenentwurfs? Bei einem neuen Wappen finde ich sie nämlich nicht angemessen, da Sie eine mittelalterliche Tradition vorgeben, die gar nicht existiert. Auch scheint es mir bei manchen Beispielen, dass das Schild geradezu erdrückt wird von diesen Elementen und der signalhafte Charakter des eigentlichen Wappens völlig verloren geht.
Ums es kurz zu machen, ich möchte bei meinem Wappen komplett darauf verzichten. Wird das von den Wappenrollen akzeptiert oder ist das ein krasser Verstoß gegen heraldische Regeln.

Mit besten Grüßen

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madkiss
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Beitrag von madkiss » 20.06.2006, 11:12

Zu einem nach Regeln der deutschen Heraldik korrekten Familienwappen gehören Schild, Helm, Helmdecken und Helmzier. Punkt.

Gruß

Martin
ein neuer Tag nimmt seinen Tageslauf
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Joachim v. Roy
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Beitrag von Joachim v. Roy » 20.06.2006, 11:31

Wenn Sie ein F a m i l i e n w a p p e n stiften und dieses gar in einer deutschen Wappenrolle eintragen lassen wollen, dann müßte zu dem Wappenschild – wie Martin bereits schrieb – zwingend ein Helm nebst Helmdecken und Helmzier gehören.

Ein Ausweg wäre die Schaffung einer H a u s m a r k e oder eines modernen L o g o s .

Freundliche Grüße vom Rhein

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Claus J.Billet
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schmunzel...

Beitrag von Claus J.Billet » 20.06.2006, 11:37

Zitat:
Ums es kurz zu machen, ich möchte bei meinem Wappen komplett darauf verzichten. Wird das von den Wappenrollen akzeptiert oder ist das ein krasser Verstoß gegen heraldische Regeln.

Um kurz zu Antworten:
Ja, dies wäre ein Verstoß gegen die heraldischen Regeln.
Keine Wappenrolle, sprich heraldischer Verein oder Gesellschaft, wird Ihnen den Schild alleine eintragen.
Eingetragen werden nur Vollwappen.
Wenn Sie allerdings nach erfolgter Eintragung und Registierung nur Ihren Schild nutzen, steht dem nichts im Wege.

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Claus J.Billet
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lach

Beitrag von Claus J.Billet » 20.06.2006, 11:39

@ ups


...wenn drei das selbe sagen, wird's schon stimmen :!: :lol: :lol:

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madkiss
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Beitrag von madkiss » 20.06.2006, 11:43

Dann ist die Erde also eine Scheibe? ;-)

Gruß

Martin
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Linus
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Beitrag von Linus » 20.06.2006, 13:37

genau. die erde ist eine scheibe.
jetzt brauchen wir nur einen dritten, der das bestätigt.... 8)

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Beitrag von Tekker » 20.06.2006, 13:58

Linus hat geschrieben:jetzt brauchen wir nur einen dritten, der das bestätigt
*meld* :mrgreen:
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dbay

Beitrag von dbay » 20.06.2006, 14:02

Guten Tag,

vielen Dank für die prompte Beantwortung meiner Frage auch wenn sie nicht ganz in meinem Sinne ausgefallen ist.

Was die Scheibe betrifft...

...eine Frage zu den Regeln heraldisch korrekter Gestaltung: Wer stellt diese Regeln auf und verwaltet sie? Gibt es eine Art »St. Andrews« für die Heraldik oder ist jede Wappenrolle unabhängig in ihren Entscheidungen? Mir ist eine Regel z.B. aufgefallen, die ich auch aus historischer Sicht für eher zweifelhaft erachte: »Ein neu zu gestaltendes Wappen muß vorstellbar sein an einem mittelalterlichen Ritter.« Kann das wirklich relevant sein wenn man sich die Geschichte der Wappen anguckt?

Mit freundlichen Grüßen

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Steudel Rainer
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Beitrag von Steudel Rainer » 20.06.2006, 14:17

Hallo zusammen
ich kann bestätigen die Erde ist eine Scheibe. :wink: :wink: :wink:

R.Steudel

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Tekker
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Beitrag von Tekker » 20.06.2006, 14:30

dbay hat geschrieben:Wer stellt diese Regeln auf und verwaltet sie?
Diese "Regeln" wurden durch die mittelalterlichen Herolde "aufgestellt" und haben, abgesehen von zwischenzeitlichem Verfall, bis heute Gültigkeit.
Gibt es eine Art »St. Andrews« für die Heraldik
Nein. Allerdings gibt es literarische "Standardwerke". Allen voran sollte hier die "Wappenfibel" genannt sein.
oder ist jede Wappenrolle unabhängig in ihren Entscheidungen?
Letztlich ja, jedoch halten sich seriöse Wappenrollen an die wissenschaftlichen Erkenntnisse.
Mir ist eine Regel z.B. aufgefallen, die ich auch aus historischer Sicht für eher zweifelhaft erachte: »Ein neu zu gestaltendes Wappen muß vorstellbar sein an einem mittelalterlichen Ritter.« Kann das wirklich relevant sein wenn man sich die Geschichte der Wappen anguckt?
Es kann nicht nur, sondern muß m.E. relevant sein. Die Begründung ist bei näherer Betrachtung auch sehr einleuchtend. Bis zum ausgehenden Mittelalter wurde das Wappenwesen tatsächlich "gelebt", d.h. die Bestandteile des Vollwappens hatten auch praktische Bedeutung, wenn auch am Ende nurmehr bei Turnierveranstaltungen.

Eine "Weiterentwicklung" der Wappen konnte es nach dem Verschwinden der Ritter insofern nicht mehr geben, also haben sich die vormals gültigen Regularien in der Kanzleiheraldik erhalten und erfreuen sich - wie gesagt - auch noch heutiger Gültigkeit.
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Joachim v. Roy
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Beitrag von Joachim v. Roy » 20.06.2006, 14:57

Um sich mit den R e g e l n der Heraldik vertraut zu machen, empfehle ich sehr den Erwerb des Handbuchs WAPPENFIBEL – HANDBUCH DER HERALDIK, 19. Auflage, herausgegeben von Ludwig Biewer (die 18. Aufl. noch vom Herold - Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften), erschienen im Verlag Degener & Co. (siehe: http://www.degener-verlag.com/ ) zum Preis von 25,00 € (zur Zeit noch lieferbar).

Daß ein neu zu gestaltendes Wappen „an einem mittelalterlichen Ritter vorstellbar“ sein soll, kann allenfalls als Empfehlung angesehen werden (gegen die z.B. das preußische Heroldsamt verstieß, als es dem bedeutenden Maler Adolph Menzel anläßlich seiner Erhebung in den Adelsstand [1898] das komplette Schloß Sanssouci in den Wappenschild setzte).

MfG

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Beitrag von Tekker » 20.06.2006, 15:04

Joachim v. Roy hat geschrieben:kann allenfalls als Empfehlung angesehen werden
Mit dieser m.E. unangebrachten Relativierung redest du allerdings solch "schöpferischen" Wappen das Wort, wie sie z.B. in der belgischen Heraldik zu finden sind. :?
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Beitrag von GM » 20.06.2006, 15:25

Tekker hat geschrieben:Mit dieser m.E. unangebrachten Relativierung redest du allerdings solch "schöpferischen" Wappen das Wort, wie sie z.B. in der belgischen Heraldik zu finden sind. :?
Die kompromißlose Propagierung eines Reinheitsgebotes finde ich allenfalls für die Herstellung von Bier sinnvoll.
Für diejenigen Engländer und Schotten mit einem ähnlichen Ansatz sind wir die regellosen Banausen, die, horribile dictu, nach Lust und Laune Wappen annehmen und in völlig unauthorisierten (mangels Souverän) und unüberwachten (mangels offiziellem Heroldsamt) "Wappenrollen" eintragen. Dann gibt es da noch die "unaussprechlichen" Amerikaner, die "verrückten" Belgier und und und.
Heraldik war nie und wird nie überall auf der Welt (einheitlich) geregelt sein, selbst wir ordentlichen Deutschen streiten in ebendiesem Forum oft genug um die Auslegung und Interpretation dessen, was wir gerne zu Regeln erklären, ich jedoch eher für Konventionen halte.
Mich persönlich reizt diese Vielfalt, wenn ich mich selbst auch meist an die hier üblichen Konventionen halte. Was mich weniger reizt, ist, auf die Entwicklungen in anderen Regionen dieser Welt herabzusehen - seien sie auch manchmal für unsere Augen etwas gewöhnungsbedürftig.
Wie Herr v. Roy schon sagte: Herrn Menzel wurde im Namen Seiner kaiserlichen Majestät das Schloß Sanssouci "verpaßt", Nelson's Wappenbesserung nach Trafalgar steht dem an Geschmack nicht nach. Wenn Heraldik das Blumenbeet im Garten der Geschichte ist, wie jemand einmal hier schrieb, dann bestimmt keine DIN-genormte EG-Anpflanzug, sondern eher ein etwas verwildertes Gärtchen mit jeder Menge seltsamer Pflanzen darin.

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madkiss
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Beitrag von madkiss » 20.06.2006, 15:26

Ich glaube, JvR hat durchaus recht, wenn er schreibt, dass es eine "Empfehlung" ist, aber eben eine "sehr deutliche" Empfehlung. Dass man bestimmte Dinge im Wappen darstellen kann, obwohl sie für einen Ritter damals nicht darstellbar gewesen wären, ist offensichtich.

Bringt aber alles nichts. Denn wenn man die Heraldik bei Bedarf einfach so verbiegt, wie man es gerade braucht, dann kann man sich das ganze Theater auch gleich ganz sparen und munter drauf lospinseln (das erinnert mich völlig willkürlich an Herrn Billets Ritter von und zu Arsch und Ohren ...).

Nachdem wir nun also festgestellt haben, dass die Erde eine Scheibe ist, schlage ich vor, schlage ich vor, wir beschäftigen uns mit dem Weltall: Bezweifelt irgendwer ernsthaft, dass die Sonne sich um die Erde dreht?

Humorische Grüße

Martin
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