Wappenforschung auf Grabplatten

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Apri
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Beitrag von Apri » 10.02.2006, 18:10

Hallo Herr Boehm,

was mich interessiert ist , ob es üblich war ,dass Epitaphe das Familienwappen beschrieben. Laut Wikipedia wurden Epitaphe seit dem 14 Jh nicht mehr am Grab selbst, sondern eher in einer Kirche angebracht.
Gibt es schon viele dieser Kataloge für Grabsteine mit Wappen und welche Jahrhunderte sind besonders stark vertreten?

Danke

Gruss

D.Stys

P.S. Ich habe ein anderes Thema für einen Artikel in der Schild bearbeitet, aber auch ich habe Epitaphe erwähnt.

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AndreasWurm
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Beitrag von AndreasWurm » 10.02.2006, 18:48

Guten Abend,

leider werde ich die nächste Zeit ein wenig zurücktreten müssen, denn es gab einen tragischen Unfall in der Familie meiner Freundin.

@ Herr Boehm und Apri,
ich weiß noch nicht in wie weit ich nun mit meinem Vorhaben fertig werde, ich werde sie aber auf dem laufenden halten.

Viele Grüße Andreas Wurm

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Jochen
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Beitrag von Jochen » 10.02.2006, 19:04

AndreasWurm hat geschrieben:
leider werde ich die nächste Zeit ein wenig zurücktreten müssen, denn es gab einen tragischen Unfall in der Familie meiner Freundin.
Na, dann haltet mal die Ohren steif. Alles Gute.
Ne suy plus vil que les aultres

jochen

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Apri
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Beitrag von Apri » 10.02.2006, 19:33

@ Herr Wurm

Ich denke jeder hat Verständnis, lassen Sie sich Zeit! Herr Ader wird sicher mehr als eine Ausgabe herausbringen. Dann können Sie sich auch in aller Ruhe mit dem Thema befassen, es eilt doch nicht.
Auch ich habe zu Beginn des Jahres eine sehr schlimme Nachricht erhalten. Ich habe die Bearbeitung meines Themas dazu genutzt mich davon abzulenken.

MfG

D.Stys

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Guenter Boehm
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Beitrag von Guenter Boehm » 10.02.2006, 20:20

@ Apri
was mich interessiert ist , ob es üblich war ,dass Epitaphe das Familienwappen beschrieben. Laut Wikipedia wurden Epitaphe seit dem 14 Jh nicht mehr am Grab selbst, sondern eher in einer Kirche angebracht.
Gibt es schon viele dieser Kataloge für Grabsteine mit Wappen und welche Jahrhunderte sind besonders stark vertreten?
Beschrieben (Blasonierung) werden die Wappen auf Epitaphien wohl nicht, aber die Anordnung der Wappen lässt auf die verwandtschaftliche Stellung zum Verstorbenen schliessen.
http://www.geocities.com/adwrz1h/extra/ ... maeler.jpg

Die Epitaphien stehen meistens vor oder in einer Kirche. In meiner Forschung fand ich eins vor der Kirche in Deichslau in Schlesien aus dem 16./17.Jh. Allerdings von einer noch nicht gesicherten Nebenlinie meiner Ahnen (Wappen mit Lilie). Die Beheim/Behem mit den Schlüsseln im Schilde sind schon im 15.Jh. aus dem Adel ausgeschieden.

Veröffentlichungen zur mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Epigraphik: http://www.odontus.de/index.htm

Viele Grüsse,
Guenter Boehm
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Wappenbezogene Familienforschung

Joachim v. Roy
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Beitrag von Joachim v. Roy » 10.02.2006, 21:46

Hallo Herr D. Stys,

ich habe zwar den Text bei Wikipedia nicht gelesen, doch dürfte dieser fehlerhaft sein. Denn abgesehen davon, daß es im 14. Jahrhundert noch gar keine EPITAPHIEN gab, so waren die - meist wappengeschmückten – Epitaphien (= Gedenktafeln!) n i e am Grab selbst, sondern immer an einer bevorzugten Stelle im Innern eines Gotteshauses angebracht.

Der von Herrn Boehm freundlicherweise ins Forum gestellte Zeitungsartikel des Alfred Zappe behandelt gar keine Epitaphien, sondern GRABDENKMÄLER. Auch der Münchner Odontus-Verlag scheint in seiner Anzeige Grabdenkmäler und Epitaphien miteinander zu verwechseln. Der Verlag gibt zwar in einer seiner Anzeigen zu verstehen, daß die Nürnberger Messinggießer von 1460 bis 1650 'Epitaphien' produzierten, doch seien diese „für GRABLEGEN von Fürsten, Bischöfen, Domherren und Geistlichen...“ bestimmt gewesen, was den Schluß zuläßt, daß hier gar keine Epitaphien, sondern Grabdenkmäler gemeint sind.

Es wird nicht verkannt, daß die Abgrenzung von GRABDENKMÄLERN zu EPITAPHIEN – zumindest was die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts anlangt - schwierig ist. Bewiesen ist jedoch, daß es sich bei der im Dom zu Mainz befindlichen kunstvollen Wandplatte des 1504 verstorbenen Erzbischofs Berthold v. Henneberg nicht um eine Grabplatte, sondern um ein Epitaph handelt (denn die Bodenplatte des eigentlichen Grabes befindet sich an einer anderen Stelle im Dom). Nach 1504 werden dann im Mainzer Dom Grabplatten (schlicht gehalten) und Gedenktafeln (wappengeschmückt und prachtvoll gearbeitet) bewußt voneinander getrennt.

'Kataloge' für wappengeschmückte Grabdenkmäler und Epitaphien gibt es nicht (von Ausnahmen abgesehen). Hier muß man stets die kunsthistorischen, landeskundlichen oder stadtgeschichtlichen Bücher durcharbeiten, die denjenigen Raum betreffen, der einen besonders interessiert. Aufschlußreich sind hier oft die Mitteilungsblätter oder Jahrbücher der alten Geschichts-, Altertums- und Heimatvereine, die heute – leider – kaum noch jemand liest.

Freundliche Abendgrüße vom Rhein

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Apri
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Beitrag von Apri » 10.02.2006, 23:06

Hallo Herr Joachim v. Roy,

ich habe bereits vermutet, dass die Aussage streng genommen fehlerhaft ist.
Der Wikitext sieht den Begriff wohl recht allgemein. Ein Epitaph ist dort eine "Grabinschrift" und auch aus dem griechischem "epitaphios logos" eine Grabrede. Berichtigen Sie diesen Text doch oder schreiben in Wikipedia einen Neuen, der auch Wappen mit Epitaphien im Hinblick auf europäische Geschichte in Verbindung bringt.

Ich habe als Thema für den Artikel einen Überblick über den Codex Saurma, das Scharffenbergsche Wappenbuch und ihre Verbindungen zum alten Siebmacher gewählt. Beim Codex Saurma erwähnte Dr. Ludwig Igálffy v Igaly (Wien), in seiner Veröffentlichung zu diesem Thema(Herold Jahrbuch , Neue Folge 1, 1996), dass auch Epitaphien als Quellen für den Codex möglich sind. Er meinte damit wohl den Zeitraum im 16 Jh. oder vielleicht auch 15 Jh. . Mir war der Begriff bislang nicht vertraut, daher mein Interesse dafür.

Herr Böhm erwähnte Kataloge zu Grabdenkmälern, daher meine Nachfrage. Einige Bücher zu Epitaphien scheint es aber doch auch zu geben: z.B. Nürnberg: (siehe oben Böhm) oder auch Konrad Bund:"Findbuch der Epitaphenbücher und der Wappenbücher" , Nachzeichungen aus dem
"Fetterschen Wappenbuch" herausgegeben vom Stadtarchiv Frankfurt am Main.


Schönes Wochenede

D.Stys
Zuletzt geändert von Apri am 11.02.2006, 08:25, insgesamt 1-mal geändert.

Friedhard Pfeiffer
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Beitrag von Friedhard Pfeiffer » 11.02.2006, 00:49

Apri hat geschrieben:Ein Epitaph ist im Wikitext eine "Grabinschrift" und auch aus dem griechischem "epitaphios logos" eine Grabrede.
Epitaph ist nicht nur eine Grabinschrift, sondern auch ein Erinnerungsmal für einen Verstorbenen an einer Wand oder einem Pfeiler, auch an der Außenmauer von Kirchen; seit Mitte des 14. Jahrhunderts vorkommend, besonders in der Barockzeit beliebt.
Die Grabrede, besonders die feierliche öffentliche Trauerrede auf die für das Vaterland Gefallenen, wird als wird als "Epitaphios" bezeichnet.
Mit freundlichen Grüßen
Friedhard Pfeiffer

Friedhard Pfeiffer
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Beitrag von Friedhard Pfeiffer » 11.02.2006, 01:20

AndreasWurm hat geschrieben: Könnte Bild 3 statt Züllenhart auch das Wappen Gozmann sein ?
Nummer 5 könnte auch Fuchsen sein, da diese Familie in einem anderen Zusammenhang auftaucht.
Hallo Andreas,
bei dem Wappen auf Bild 5 handelt es sich tatsächlich um das Wappen derer v. Fuchs. Zum einen hatte ich das abgebildete Tier (fälschlich) als Wolf angesehen und nicht (richtig) als Fuchs. Ganz besonders ist aber zu beachten, das in dem dem Rücken zugekehrten Obereck ein Stern steht, was nur bei dem Wappen Fuchs vorkommt (Siebmacher, Band Preußen, Seite 133, Tafel 178, bzw. Band Sachsen, Seite 27, Tafel 29).
Ein Wappen Gozmann habe ich nicht im Siebmacher, nur 3 Wappen Gossmann, jedoch mit völlig anderer Blason.
Mit Gruß und den besten Wünschen bei dem, was Du durchzustehen hast.
Friedhard

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Apri
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Beitrag von Apri » 11.02.2006, 17:19

@Friedhard Pfeiffer
Ja leider glaubt der Leser bei Wikipedia es handle sich bei Epitaphien nur um Grabinschriften, auch wenn der Wechsel ab dem 14 Jh in die Kirche
erwähnt ist. Die Art von Epitaphien, wie von Herr v. Roy erwähnt "wappengeschmückt und prachtvoll gearbeitet" wird leider nicht deutlich!

@Guenter Boehm
Ein sehr interessanter Artikel! Nun kann ich mir vorstellen, was Herr Wurm bearbeitet. Gelten diese Regeln für Schlussfolgerungen aus der Wappenanordnung auf die Verwandschaftsverhältnisse auch für Epitaphien? Oder welche Erfahrungen haben Sie gemacht?


@ Joachim v. Roy
Sind die Totenschilde und die Epitaphien darauf zurückzuführen, dass im Mittelalter die Menschen besonders bemüht waren, dass ihre Sünden im diesseits durch die Gebete der Gemeinschaft in der Kirche Vergebung finden? Oder welchen Hauptgrund für Totenschilde und Epitaphien sehen Sie?

Ich möchte allen für die schnellen und guten Beiträge danken.

schöne Grüsse

D.Stys

Joachim v. Roy
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Beitrag von Joachim v. Roy » 11.02.2006, 22:25

Hallo Herr D. Stys,

hier gilt es, zwei Dinge auseinanderzuhalten:

Im Mittelalter betete in der Tat der Priester (nicht die Gemeinschaft) am ALTAR – mit Blick (wichtig!) auf das GRABDENKMAL - für den Verstorbenen, dessen Namen der Priester anrief. Der Verstorbene nahm so am Gebet teil! Altar und Grabdenkmal stellten gewissermaßen eine Einheit dar (oft auch räumlich). - Ob es sich um die um 1230 geschaffenen Grabdenkmäler Heinrichs des Löwen und seiner Gemahlin Mathilde im Braunschweiger Dom oder um die bekannten Stifterfiguren im Dom zu Naumburg handelt: stets sollten die steinernen Figuren die verstorbenen Personen in das Gedächtnis der Lebenden rufen. Die Grabdenkmäler 'sprachen' zum Betrachter (= ein kommunikatives Prinzip) – für die heutigen Zeitgenossen meist schwer nachvollziehbar.

Ganz anders die EPITAPHIEN der Neuzeit. Bei diesen handelt es sich lediglich um GEDENKTAFELN, die in aller Regel keinen räumlichen Bezug zu der Grablege des Verstorbenen aufweisen. Sie dienten lediglich der Erinnerung an den Verstorbenen bzw. der Verherrlichung seiner Familie (die sich damit selbst ein Denkmal setzte).

Zusammenfassend: ein GRABDENKMAL war ein liturgisches Objekt, ein EPITAPH lediglich ein Repräsentationsgegenstand (wie ein Totenschild).

Freundliche Abendgrüße vom Rhein

P.S. Aus den Wappenanordnungen auf Grabplatten kann man zwar – mit der gebotenen Sorgfalt – eine 'Ahnentafel' des Verstorbenen erstellen, doch gilt dies nur sehr eingeschränkt für Epitaphien, bei denen insoweit eine ungleich größere Zurückhaltung geboten ist.

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Guenter Boehm
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Beitrag von Guenter Boehm » 12.02.2006, 14:31

@ Joachim v. Roy
P.S. Aus den Wappenanordnungen auf Grabplatten kann man zwar – mit der gebotenen Sorgfalt – eine 'Ahnentafel' des Verstorbenen erstellen, doch gilt dies nur sehr eingeschränkt für Epitaphien, bei denen insoweit eine ungleich größere Zurückhaltung geboten ist.
Das ist m.E. vollkommen richtig, aber es sind wichtige Anhaltspunkte für den Genealogen. Sozusagen ein Strohhalm, an den man sich festhält. Welche andere Quellen, ausser Nennungen in Urkunden und Eintragungen in Land- und Lehnsbüchern gibt es denn noch. Ich meine jetzt in der Zeit bevor es Kirchenbücher überhaupt gab; und auch in Kirchenbücher können Falschmeldungen sein, z.B. wer sagt uns denn, dass der darin angegebene Vater auch wirklich der leibliche Vater des Täuflings ist. Gelogen wurde früher auch schon. :?
Siehe dazu meinen kleinen Bericht in
http://www.boehm-chronik.com/forschung/KiBu.htm
Ich betrachte mich als "Glückspilz", wenn ich in meiner Familiengeschichtsforschung Anhaltspunkte an einem Epitaph, einer Grabtafel, Gedenktafel oder wie auch immer man es bezeichnen mag, finde.

Viele Grüsse,
Guenter Boehm
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Wappenbezogene Familienforschung

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Apri
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Beitrag von Apri » 14.02.2006, 19:04

Sehr geehrter Herr Joachim v. Roy,

ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass Grabdenkmäler durchaus an den Verstorbenen erinnern sollen und der Verstorbene durch Nennung seines Namens an der Gemeinschaft der Lebenden, bzw. der Kirchengemeinde teilnimmt.
Solche Totengedenkmessen gab es früher schon und gibt es in der katholischen Kirche immer noch. Der von ihnen erwähnte Aspekt , dass die Blickrichtung auf das Grabdenkmal eine wichtige Rolle spielt war mir bislang nicht bekannt. Oder meinten Sie eine Grabrede direkt am Grab, somit direkt am Grabdenkmal?
Bei den Epitaphien scheint sich mir die Sachlage etwas anderes darzustellen.
Erlauben sie mir etwas auszuholen, um den Gesamtzusammenhang zu beleuchten.
Sicher ist ein Epitaph eine Gedenktafel, jedoch vermute ich hatten Epitaphien in der Kirche genau die gleiche Funktion, wie die von ihnen erwähnten Figuren beim Grabdenkmal, denn sie sollten die Verstorbenen zum Teil der Gemeinschaft der Lebenden werden lassen. Genauso fungierte das Totenschild, indem er die verstorbene Person innerhalb der Messe oder auch innerhalb der Gemeinschaft der Betenden präsent machte. Die diversen Stiftungen der mittelalterlichen Menschen an die Kirchen, wie z.B. Geldspenden, Altäre, Kelche, Retabeln, die dann zu Wappen oder Widmungen dieser Personen auf diesen Gegenständen führten, sollten wie ein Epitaph die Verstorbenen weiter in der Gemeinschaft der Lebenden, bzw. in deren Bewusstsein halten z.B. befindet sich in der Dortmunder Marienkirche ein goldener Kelch, der von der Familie Berswordt gestiftet wurde und deshalb das VOLLWAPPEN der Familie mit dem steigenden Eber auf diesem Kelch abgebildet ist, der zu liturgischen Zwecken in der Messfeier Nutzung fand. Auch das einfache Wappen der Berswordts befindet sich auf dem Rand der Retabel des Nebenaltars, als Zeichen des Stifters dieses kostbaren Kunstwerkes.
Auch die Familie Graner hat nach Finazierung der Altarretabel in der Stiftskirche in Regensburg sich auf dem Rand der Retabel durch einen Schriftzug ein ewiges Denkmal in ihrer Kirche geschaffen(1488) und auf der im Normalzustand geschlosssenen Retabel, befinden sich unter den Heiligen Simon und Bartholomäus die einfachen Wappen der Stifter Sigmund Graner und seiner Frau Elisabeth Graner!
In dieser Tradition stehen meines Erachtes auch die Epitaphien in oder vor Kirchen. Ein Epitaph , der sich gewöhnlich in oder bei der Kirche befindet, ist doch sicher auch bedingt gewesen durch Spenden an den Klerus dieser Gemeinde, der als Stellvertreter Gottes und Verteiler an die Armen fungierte. Die Mentalität der mittelalterlichen Menschen die zu diesem Handeln führte war das Bewusstsein sonst im Fegefeuer für jede Todsünde 7 Jahre leiden zu müssen. Das wären dann bei 100 Todsünden schon 700 Jahre. Diese Lehre vom Fegefeuer breite sich im 13 Jh. im gesamten Abendland aus und wurde von allen Seiten dankend angenommen!
Das war deshalb der Fall, weil sie doch den sündigen Menschen die Möglichkeit einräumte Sünden zu bereuen und auch „mit guten Werken“ diese Sünden schon im Diesseits abzuarbeiten, statt gleich in die Hölle verbannt zu werden. Besonders zu erwähnen ist , dass auch bestimmte Berufsgruppen , wie Geldverleiher und auch Kaufleute als sündhafte Tätigkeiten galten und ohne Fegefeuer wohl in die Hölle müssten. Diese Angst der mittelalterlichen Menschen für ihre Sünden im Feuer des Fegefeuers lange Jahre verbringen zu müssen, führte zu den bekannten Verkauf von Ablassbriefen durch den Klerus, aber auch Spenden an Arme, Hospitäler und an die Kirchen, die als Stellvertreter Christi auf Erden galten. Durch Teilnahme der Verstorbenen an der Messe und sei es in der Form von Wappen auf den der Kirche gewidmeten goldenen Kelchen oder unauffällig anbegracht bei Altären , Retabeln oder in der Kirche befindlichen Epitaphien versuchten die Verstorbenen Teil der Gemeinschaft der Lebenden, bzw. der Kirchengemeinde zu werden und durch die Gebete dieser die Zeit im Fegefeuer zu verkürzen.

Hierzu Prof. Thomas Schilp aus dem Sachbuch „Der Berswordt Meister“:

„Da der Verstorbene selbst nichts mehr für die Sühne im Jenseits tun kann , war es jedem mittelalterlichen Menschen ein zentrales Anliegen, schon im Diesseits für die Vergegenwärtigung seiner Seele unter den Lebenden , seine Memoria , Sorgen zu tragen... Die mündliche Nennung des Namens eines Verstorbenen während der Eucharistiefeier oder im kollektiven Gebet evozierte das Individuum; die konkrete Person war damit nach mittelalterlicher Vorstellung im Diesseits präsent. Schon bald führte das zur Verschriftlichung des Totengedenkens....“ d.f. eine Gemeinschaft der Lebenden und der Toten!
und
„ Konstitutiv für die Reinigung im Fegefeuer ist vor allem aber die Hilfe der Lebenden; die Fürbitte für die Verstorbenen ist von wesentlicher Bedeutung für den Fortschritt bei der Reinigung der Seelen....Es gilt ja, die Straf- und Bußzeit im Fegefeuer, die an Höllenqualen erinnernde Leidenszeit so kurz wie möglich zu halten. Die diesseitigen Bußopfer, die Versäumt worden waren, können durch die Lebenden nachgeholt werden.“
und
„..durch die materielle Stiftung von Vermögen zunächst( seit dem 13 Jh.) eine regelmäßige etwa zum eignen Todestag wiederkehrende Messe, später einen eigens für persönliche Zielsetzungen eingerichteten Altar zu erwerben, um einen Schatz im Himmel anzulegen.“
denn im Matthäus-Evangelium heisst es auch:
„Wahrlich ich sage euch, es ist schwer, dass ein Reicher ins Himmelreich eingehe.. Es ist leichter das ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe , als ein Reicher in das Himmelreich eingehe.“


schöne Grüsse

D.Stys

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Apri
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Beitrag von Apri » 17.02.2006, 20:21

Sehr geehrter Herr v. Roy,

beide Definitionen von Epitaphien ergänzen sich sich doch!
Wobei ich auf die Entstehung und die Ausbreitung von Epitaphien
im Mittelalter eingegangen bin und Sie auf Epitaphien in der Neuzeit.
Im Mittelalter waren Epitaphien wohl noch Teil der Liturgie oder Ausdruck
von Jenseitsvorsorge und Seelsorge der Verwandten um die Verstorbenen.
Im Laufe der Jahrhunderte könnte sich dieser "liturgische" Zusammenhang der Anbringung dieser Gedenktafeln in einer Kirche zu einem reinen Repräsentations-
bewusstsein verloren haben. Ob das jetzt schon im Barrock, als Epitaphien sich einer grossen Beliebtheit erfreuten, eingetreten ist oder erst im Klassizismus entzieht sich wohl dieser Kurzbetrachtung hier im Forum.

Mit den Epitaphienbücher hatten Sie übrigens recht, mir scheint eine sehr grosse Anzahl ist noch erhalten geblieben, jedoch verstauben diese meist bei den Stadtarchiven. Könnte man diese dort denn einsehen?
Das wäre userem Herr Wurm doch bestimmt eine Hilfe!

viele Grüsse

D.Stys

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AndreasWurm
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Beitrag von AndreasWurm » 17.02.2006, 20:45

Apri hat geschrieben:Mit den Epitaphienbücher hatten Sie übrigens recht, mir scheint eine sehr grosse Anzahl ist noch erhalten geblieben, jedoch verstauben diese meist bei den Stadtarchiven. Könnte man diese dort denn einsehen?
Das wäre userem Herr Wurm doch bestimmt eine Hilfe!
Danke das sie an mich gedacht haben.
Die entsprechenden Bücher und Hefte habe ich schon letzte Woche in der Dombibliothek studiert.
Ich weiß nur noch nicht so ganz in wieweit die Wappen auf alten Grabsteinen überhaupt die Allgemeinheit interessieren? :roll:

Mfg Andreas Wurm

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