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Was ist der "Siebmacher" und "Rietstap"

Verfasst: 07.06.2006, 11:57
von Claus J.Billet
Wegen der häufig wiederkehrenden Anfragen...
...hier mal eine kleine Aufklärung:


Was ist der "Siebmacher" :?:
Eine kurze Erläuterung zur Wappensammlung "Siebmacher": Siebmachers Wappenbücher, kurz „Der Siebmacher“ genannt.

Es gibt mehrer Auflagen der Bücher, die älteste ist aus dem Jahre 1599/1602. Diese Auflage wurde ständig erweitert und unter immer neuen Namen veröffentlicht, bis letztendlich der ursprüngliche Name Siebmacher wieder im Titel auftauchte. Die älteste Ausgabe besteht nur aus einem Band und beinhaltet ca. 5.000 Wappen, die nach dem Rang und der Herkunftsregion des Wappeninhabers sortiert sind. Die erweiterten Auflagen bestanden zunächst aus zwei Bänden, die auf sechs Bände anwuchsen und zum Schluß die sechs Bände sowie 12 Supplemente umfaßte. Diese Ausgaben sind auch unter anderem Namen bekannt, z.B. Weigel´sches, Fürst´sches oder Helmer´sches Wappenbuch. Diese Wappenbücher sind für die Forschung weniger interessant, da alle genealogische Daten zu den Wappen fehlen. Es waren etwa 18.000 Wappen in der Sammlung Neuer Siebmacher. Im Jahre 1854 wurde der Siebmacher wiederum bearbeitet, neu zusammengestellt, erweitert und berichtigt.
Zu den Erweiterungen gehören die Informationen zu den einzelnen Wappen. Berichtigung hieß vielfach aber auch, daß Wappen die man nicht mehr einwandfrei einer bestimmten Familie zuordnen konnte, aus der Sammlung genommen wurden. Diese Auflage bestand aus mehreren Reihen und insgesamt 101 Abteilungen. Als man diese Auflage wiederum erweiterte mit den Abteilungen der Neuen Folgen (NF), kam es zu doppelter Numerierung, worauf man den Siebmacher in „logischer“ Folge neu zusammenstellte - in der heute bekannten Form von ca. 60 Bänden.
Einige dieser Bände sind aber keine Wappenbücher sondern wissenschaftliche Bücher.
Der Siebmacher für Adelswappen ist nach deutschen Regionen aufgebaut und hat eine eigene Reihe für bürgerliche Wappen. Wobei die Aufteilung der Wappen in Adelig und Bürgerlich aber manchmal sehr willkürlich und nicht nachvollziehbar ist.
Viele bürgerliche Wappen sind auch in den Adelsbänden.
Die Wappenbände liegen mir größtenteils vor ! (bis auf einen! )

Auf Grund der enormen Anschaffungskosten der Sammlung muß ich für evtl. angeforderte Kopien eine Gebühr erheben.
Siehe "Such-Auftrag" auf meiner Seite:
http://www.wappen-billet.de

...und weiter:

Was ist der "Rietstap"..oder "Armorial Gènèral" :?:

Eine kurze Erläuterung zu der Wappensammling "Armorial Gènèral" von Rietstap:

Armorial Générale, kurz Rietstap genannt enthält ca. 120.000 Blasons europäischer Wappen in alphabetischer Reihenfolge. Der Großteil der Wappen sind wiederum Adelswappen, die meisten Wappen kommen aus Frankreich und Deutschland. Blason heißt, daß die Wappen dort nur in heraldischer Kunstsprache (.. in franz. Sprache) beschrieben sind, Abbildungen fehlen völlig. Oftmals wird auch die für Deutschland so wichtige Helmzier nicht erwähnt.
Auch gibt es nur grobe Hinweise auf die Heimat der Wappenbesitzer.

Illustrations to the Amorial Général, ...kurz Rolland genannt.
Diese Buch in 6 Bänden enthält alle Wappen-Abbildungen zum Rietstap.

Beides liegt mir vor !

Eintrag
Guenter Boehm
vom 03.10.2005

Als Ergänzung zu der sehr guten Ausarbeitung von Herrn Billet eine weitere Betrachtung meines Forscherfreundes Klaus Liwowsky zum Siebmacher, speziell für die Schlesienforschung:

"Folgende Daten konnte ich zu den Siebmacher-Wappenbüchern ermitteln. Da wir hier in der SchlesienListe sind, möchte ich nähere Einzelheiten zu den Bänden nur für die schlesische Provinz angeben. Sonst wird es wirklich etwas viel. Es geht hier nämlich immerhin um 130 000 Wappen in 119 Bänden!

Es gab keine Familie Siebmacher, die über viele Jahre hinweg diese Bücher veröffentlichte, sondern es gab in den Jahren von 1605 bis 1961 über 50 Mitarbeiter an diesem Werk, die von 13 bisher namentlich bekannten Zeichnern unterstützt worden sind. Nur einer von ihnen hieß Sibmacher!!

Johann Sibmacher, bürgerlicher Zeichner aus Nürnberg, gab 1596 erstmals 19 Tafeln in Kupferdruck heraus. Die Abbildungen stammten von einem Stecher namens Friedrich Dürer. 1605 erschien dann ein erster Teil seines 'New Wappenbuch' mit 226 Tafeln. 1609 der zweite mit 164 Tafeln. Er selbst hatte 10 Mitarbeiter oder besser Zuliefer für Wappen. Es ist bekannt, daß Sibmacher ein eifriger Nutzer der Nürnberger Stadtbibliothek war. Dort fand er demnach viele seiner Wappen. Er starb am 23.3.1611. Nur die beiden ersten Teile seines später so berühmten Werkes stammen also von ihm.

Seine Witwe brachte 1612 u. 1630 eine neue Auflage heraus. Dann erwarb die Kupferplatten ein Paul Fürst, der den 3. u. 4. Teil erstellte. Am 26.7.1655 erhielt das Werk den Schutz des dt. Kaisers. Kurz vor seinem Tode (1666) konnte Fürst den 5. Teil veröffentlichen. Sein Schwiegersohn, Rudolf Johann Helmer, setzte die Arbeit fort und vereinigte erstmals 1695 alle 5 Teile in einem Band. Dies alles geschah immer noch in Nürnberg. Die Kupferplatten kamen dann in den Besitz einer Witwe Weigel, die 1734 eine Neuauflage veröffentlichte. Mittlerweile waren es 14 700 Wappen in 6 Teilen. 1765 übernahm der Verlag Raspe die Veröffentlichung. Jetzt erschienen die Bücher wieder unter dem Titel 'Siebmacher'. Davor war es das 'Wappenbuch von Fürst, Helmer oder Weigel' gewesen. Das 'große Wappenbuch' wurde nun noch durch verschiede Ergänzungsbände (sog. Supplements) ergänzt. Mit insgesamt ca. 19 000 Wappen endet hier der 'Alte Siebmacher'. Alles war noch ohne Textteil, d.h. man zeigte nur die Wappen, den Namen und meist die Zuordnung zur Provinz, also etwa 'die Schlesischen'.

1854 erschien der 'Neue Siebmacher'. Hauptsächlich dafür verantwortlich war zunächst Otto Titan v. Hefner. Dem jedoch viele bekannte Mitarbeiter wie Heyer v. Rosenfeld, A.M. Hildebrandt, G.A. Seyler oder M. Gritzner zur Seite standen und jeweils verschiedene Teile zu den einzelnen Bänden lieferten. Für unseren Bereich war es der Pfarrer Konrad Blazek (1839-1903), der die schlesischen Bände erstellte. Dazu noch folgende kurze Übersicht:

1. Teil, 1605, in 12 Ausgaben, darin Schlesien auf Tafel 50-76.
2. Teil, 1609, in 12 Ausgaben, darin Schlesien auf Tafel 47-53.
3. Teil, 1656, in 9 Ausgaben, darin Schlesien auf Tafel 92-94.
4. Teil, 1657, in 9 Ausgaben, ohne Angaben zu Schlesien.
5. Teil, 1665, in 9 Ausgaben, darin Schlesien auf Tafel 70-75.
6. Teil, 1696, in 6 Ausgaben, ohne Angaben zu Schlesien.

1. Supplement bis 12. Supplement, von 1753 bis 1806. Keine Angaben darüber, ob hier auch Schlesier enthalten sind - ist aber eigentlich wahrscheinlich. Damit endet der 'Alte Siebmacher'.

Laufende Katalognr. 59 des 'Neuen Siebmacher' war dann der IV. Band, 11. Abteilung, der Adel von Österreich-Schlesien, von K. Blazek, 1885 erschienen mit 148 Seiten Text und 80 Tafeln.

Desgl. Kat.Nr. 88, VI. Band, 8. Abteilung, der abgestorbene Adel der preuß. Provinz Schlesien u. d. Oberlausitz, Teil 1, von K. Blazek, 1887 erschienen mit 129 Seiten Text u. 90 Tafeln.

Desgl. Kat.Nr. 89, VI. Band, 8. Abteilung, der abgestorbene Adel der preuß. Provinz Schlesien u. d. Oberlausitz, Teil 2, von K. Blazek, 1890 erschienen mit 156 Seiten Text u. 90 Tafeln.

Desgl. Kat.Nr. 90, VI. Band, 8. Abteilung, der abgestorbene Adel der preuß. Provinz Schlesien u. d. Oberlausitz, Teil 3, von K. Blazek, 1894 erschienen mit 180 Seiten Text u. 108 Tafeln.

Alle Wappen sind mit einem Namensindex durch den sog. Siebmacher-Generalindex erschlossen. Ein Buch von Hanns Jäger-Sunstenau, der daran 5 Jahre gearbeit hatte. Es erschien erstmals in den 1960er Jahren. Jetzt kommt der Haken! Dieser 'Neue Siebmacher', der meist aus der Zeit von vor 1900 stammt, ist heute in der Regel nicht in den Bibliotheken erhältlich. Vielmehr findet sich dort der 'Neue neue Siebmacher' [meine Bezeichnung!]. Eine Reihe aus dem Verlag Bauer & Raspe, die in den 1970er Jahren entstand. Leider wurden die Bände wieder umgeordent. Für Schlesien ist es jetzt der neue Band 17 :

Die Wappen des schlesischen Adels / [bearb. u. ill. von Konrad Blazek]. Neustadt an d. Aisch: Bauer & Raspe, 1977. (J. Siebmacher's großes Wappenbuch ; Bd. 17) ISBN 3-87947-017-0 Dieses Buch enthält auf 613 Seiten mit 368 Tafeln die o.g. 4 Teile."

Siehe auch: http://www.boehm-chronik.com/grundherrs ... macher.htm



Eintrag
Claus J.Billet

@ Herr Boehm

Vielen Dank für diese sehr aufschlußreiche Erläuterung !
Evtl. begreifen nun manche welch wichtiges und umfassendes Werk diese Sammlung ist !

Eintrag
H.-P. Scharf
vom 04.10.2005

@ Herr Boehm und Herr Billet

Ich danke Ihnen beiden für Ihre Erklärungen, die einen sehr guten Überblick über die Wichtigkeit ! dieses Werks schildern.

Ich würde es sehr begrüssen wenn Sie sich öfters hier im Forum um die verschiedenen Werke und Ihre Inhalte etc. äussern könnten.
(sehr umfassendes Thema )

Eintrag
Claus J.Billet

Zu den Erweiterungen gehören die Informationen zu den einzelnen Wappen. Berichtigung hieß vielfach aber auch, daß Wappen die man nicht mehr einwandfrei einer bestimmten Familie zuordnen konnte, aus der Sammlung genommen wurden. Diese Auflage bestand aus mehreren Reihen und insgesamt 101 Abteilungen. Als man diese Auflage wiederum erweiterte mit den Abteilungen der Neuen Folgen (NF), kam es zu doppelter Numerierung, worauf man den Siebmacher in „logischer“ Folge neu zusammenstellte - in der heute bekannten Form von ca. 60 Bänden.
Einige dieser Bände sind aber keine Wappenbücher sondern wissenschaftliche Bücher.


Eintrag
H.-P. Scharf

Ein solch von ihnen beschriebener Band ist Online einsehbar.

J. SIEBMACHER`S
grosses und allgemeines
WAPPENBUCH
in einer neuen, vollständig geordneten
und reich vermehrten Auflage
mit heraldischen und historisch-genealogischen Erläuterungen.

EINLEITUNGSBAND, ABTHEILUNG B
Handbuch der heraldischen Terminologie
nebst den
Hauptgrundsätzen der Wappenkunst.

Bearbeitet von
Maximilian Gritzner,
Kgl. Preuss. Kanzleirath, Premierlieutenant a.D.


Um sich eine kleinen Überblick zu verschaffen hier der Verweis ->http://www.literature.at/webinterface/l ... bjid=13133

Natürlich nur eine kurze Einsicht.
Möchte hier Herrn Billet nochmals für sein Service danken


Eintrag
Claus J.Billet

@ Herr H.-P. Scharf

Vielen Dank für Ihre anerkennenden Worte !.
Ebenso meinen Dank an Herrn Boehm !
Wir bemühen uns eben !
Ich möchte in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt lassen, daß Teile der Zusammenfassung nicht nur von mir stammen, sondern auch aus Schriftsätzen von Herrn Waas zitiert wurden, bzw. Anregungen vom ihm entnommen wurden. Lachen
Das Problem ist eben nur, daß bei der enormen Vielzahl
der heraldischen Literatur es fast unmöglich ist, über den Großteil der wichtigsten Sammlungen, einen "Überblick" zu schreiben.
Auch der von Ihnen dankenswerter Weise eingefügte Link zur Sammlung Siebmacher umfaßt ja nur einige Grundzüge.
Teilweise durch spätere Werke stellenweise immer wieder berichtigt. Wodurch nicht selten Irrungen und Verwirrungen entstehen. Es ist daher unerlässlich, diese Werke in ihrer Gesamtheit zu studieren.

Eintrag
H.-P. Scharf
vom 6.6.06

Ich möchte hiermit dieses wichtige Thema wieder "nach oben schieben" da es immer wieder Mitglieder gibt die nicht in alten Themen suchen oder alle lesen

Eintrag
Kai Vogelpohl
vom 07.06.2006

Hallo Herr Billet,

Wenn ich bei der Suchfunktion in diesem Forum Siebmacher eingebe bekomme ich fast alle Fäden, da dieser ja in jedem als Quelle auftaucht.

Deshalb meine Frage, könnte man das nicht besser in die Einführund der Heraldik einbringen oder oben im Forum "anpinnen" (schrecklich eingedeutschtes Wort)?
Gruss
Kai

Eintrag
Claus J.Billet
vom 7.6.06

...was ich hiermit versucht habe. :lol:
Mußte allerdings kopieren. :oops: